Kardinal Müller sieht sich nicht als Verschwörungstheoretiker

"In der Tat stammt keine einzige Zeile von mir"

Kardinal Müller wehrt sich gegen den Vorwurf, er verbreite Verschwörungsmythen. Er hatte vergangene Woche einen Appell von Erzbischof Viganò unterzeichnet. Normalerweise unterschreibe er solche Aufrufe nicht, stellt er nun klar.  

Kardinal Gerhard Ludwig Müller / © Harald Oppitz (KNA)
Kardinal Gerhard Ludwig Müller / © Harald Oppitz ( KNA )

"Man gesteht einander einfach keinen guten Willen zu", sagte der frühere Präfekt der römischen Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Kardinal Müller,  im Interview der "Zeit" (Donnerstag): "Ich verstehe nicht, warum man bei Vorwürfen immer gleich bis zum Äußersten gehen muss."

Müller hatte vergangenen Freitag einen Appell mit verschwörungstheoretischen Inhalten unterzeichnet. Darin heißt es etwa, die Corona-Pandemie sei nur ein Vorwand, um Bürgerrechte außer Kraft zu setzen, es drohe die Schaffung einer Weltregierung. So ernst der Kampf gegen Covid-19 sein möge, dürfe er nicht "als Vorwand zur Unterstützung unklarer Absichten supranationaler Einheiten dienen, die sehr starke politische und wirtschaftliche Interessen verfolgen".

Die Einschränkungen der Religionsausübung werden abgelehnt. Verfasser des Papiers ist Erzbischof Carlo Maria Viganò, ein scharfer Kritiker von Papst Franziskus. 

"Normalerweise unterschreibe ich solche Aufrufe nicht"

Seine Unterschrift jetzt zurückzuziehen, wäre "die feige Variante", so Müller: "In der Tat stammt keine einzige Zeile von mir. Normalerweise unterschreibe ich solche Aufrufe nicht, die notwendig allgemein gehalten sein müssen und im Detail nicht präzise sein können." Aber er habe Vigano, dem man "böse mitgespielt hat und der sehr isoliert ist", auf seine Bitte nicht schroff eine Absage erteilen wollen.

"Ich möchte auch klarstellen, dass ich seine Aufforderung an Papst Franziskus, zurückzutreten, nicht gutheiße", ergänzte der Kardinal. Das Papier verstehe er als einen Appell zum Nachdenken: "Wenn alles so einfach zu widerlegen ist, warum wischen unsere klugen Anti-Verschwörungstheoretiker nicht mit drei geistreichen Sätzen das Papier vom Tisch oder versenken es in der Schublade?"

Nicht jegliches Verbot ist zu rechtfertigen 

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hatte sich am Wochenende von dem Dokument distanziert. Dass die Deutsche Bischofskonferenz auf Distanz zu dem Papier gegangen sei, kommentierte Müller mit den Worten: "Die Bischofskonferenz hat sich auch von der Forderung des Papstes distanziert, die Neuevangelisierung an die Spitze der katholischen Reform zu stellen. Das belastet mich und nicht die Distanzierung vom einem Dreiseitentext."

Weiter betonte der Kardinal, viele Vorsichtsmaßnahmen gegen die Pandemie seien anfangs sicher richtig gewesen, doch dürfe man damit nicht jegliches Verbot rechtfertigen: "Es steht mir doch zu Kirchenschließungen zu kritisieren, wenn Supermärkte geöffnet sind." Natürlich dürfe man Grundrechte angesichts einer Pandemie nicht egoistisch wahrnehmen, doch müsse man die Einschränkungen auch nicht stumm hinnehmen. 

Er betonte, er erachte es als "Frechheit", als konservativ bezeichnet zu werden. Diese politischen Kategorien passten einfach nicht auf die Kirche. Müller war zehn Jahre lang Bischof von Regensburg, bevor er 2012 Präfekt der Glaubenskongregation wurde. 


Quelle:
epd , KNA
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