Der heilige Hubertus war ein Jägermeister-Bischof des Mittelalters

Vor 1.200 Jahren heim in die Wälder der Ardennen

Was wäre die bunte Wiese des Katholizismus bloß ohne ihre Heiligenlegenden? Zu Beginn der Jagdsaison und am Gedenktag des heiligen Hubertus lohnt ein Blick auf die Vita des Patrons der Jäger und Waidmänner.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Fenster der Vision des Heiligen Hubertus. (Tervuren, Belgien) / © jorisvo (shutterstock)
Fenster der Vision des Heiligen Hubertus. (Tervuren, Belgien) / © jorisvo ( shutterstock )

Keine Jagd ohne Patrone. Als Patron der Jäger wird in Bayern und Österreich der heilige Eustachius verehrt; nördlich davon ist es Hubertus von Lüttich. Der ist dafür tatsächlich ein seltsamer Patron - denn seine Legende besagt, dass er auf der Jagd Christus als Hirsch begegnete und die Flinte daraufhin ins Korn warf - bzw. an den Nagel hängte.

Doch von Anfang an: Eigentlich war Hubertus (um 655-727), Bischof von Maastricht und Lüttich, gar nicht so arg fromm - zumindest laut der ihm zugeschriebenen Überlieferung. Hochadlige Spuren von ihm finden sich an den fränkischen Königshöfen in Paris und Metz. Gerne, so heißt es, ließ er den Hirten Hirten sein und ging auf die Jagd in den waldreichen Ardennen. 

Einem solchen Hirsch soll der hl. Hubertus begegnet sein / © Uwe Mühlhäußer (KNA)
Einem solchen Hirsch soll der hl. Hubertus begegnet sein / © Uwe Mühlhäußer ( KNA )

Eines Tages will er gerade mit seiner Armbrust auf einen kapitalen Hirsch anlegen, da dreht sich das Tier um, zwischen dem Geweih ein strahlendes Kreuz, und sagt: "Hubertus, ich habe dich erlöst - und trotzdem verfolgst du mich?" Ein Pferdefuß: Genau dieselbe Legende wird auch dem heiligen Eustachius nachgesagt, im bürgerlichen Leben Placidus und erfolgreicher Feldherr unter Kaiser Trajan im zweiten Jahrhundert. Erst im 11. Jahrhundert wurde die Bekehrung durch den Hirsch überhaupt mit Hubertus verbunden.

Heilig statt Hirschjagd

So offensichtlich die Anleihe also ist: Für den Bischof aus den Ardennen jedenfalls war der Hirsch sein legendäres Damaskus-Erlebnis, mitten im Wald. Das mit der Jagd hatte sich fortan erledigt, und Hubertus schaffte es sogar noch zum Heiligen. Der wohl um 655 im Süden, in Toulouse, Geborene erreichte ein damals hohes Alter von etwa 70 Jahren und starb 727, der Überlieferung nach in Tervuren bei Brüssel. Vor genau 1.200 Jahren, 825, wurden seine Gebeine dann heim in sein Bistum gebracht; nach Andagium, das heutige Saint-Hubert.

Jäger im Wald / © Felix Kästle (dpa)
Jäger im Wald / © Felix Kästle ( dpa )

Für den Weg zum Heiligen der Jäger und der Jagd dürfte übrigens auch geholfen haben, dass Frankreichs Könige den Hubertus später offenbar in ihre Ahnenreihe einbauten. Mit der wachsenden Verehrung gedieh jedenfalls auch die Benediktinerabtei von Saint-Hubert; sie profitierte von der immer mehr florierenden Reliquienverehrung.

Helfer beim Kölner Dombau

Wie der Historiker Manfred Huiskes nachwies, hat der heilige Hubertus sogar zum Kölner Dombau beigetragen. Im Spätmittelalter wurden nämlich mindestens acht Kölner Almosenfahrten veranstaltet, sogenannte Questen, um den Bau des Doms zu finanzieren. Dafür lieh sich Köln gegen Pachtgebühr Heiligenreliquien aus, unter anderem von der Abtei Saint-Hubert. Der heilige Hubertus wurde nämlich gegen Tollwut angerufen - was in Zeiten ohne Arztpraxen durchaus einträglich war.

Die Bücher belegen, dass der Hubertus dem Dombau weit mehr Nettogewinn einspielte als alle anderen Heiligen-Kollegen: 985 Gulden brutto und 766 nach Abzug der Unkosten. Allerdings endete die letzte Leihkampagne in den 1520er Jahren mit einem Minus: Martin Luther hatte mit seinen Predigten gegen das Ablasswesen das Geschäftsmodell verdorben.

Solcherlei Einnahmen rund um Wunder- und sonstige medizinische Tätigkeit des Patrons der Jäger, Förster, Waldarbeiter (und der Schützenvereine) dürften zum Wohlstand der Abtei nicht wenig beigetragen haben. Das prächtige Chorgestühl der Abteikirche mit 62 Plätzen aus dem Jahr 1733 ist bis heute erhalten. Das Carillon mit 21 Glocken wurde 1797 im Zuge der Französischen Revolution verkauft und erst 2011 ersetzt.

Reliquien verschwunden

Die verehrten Reliquien des Hubertus sind seit der Revolution ebenfalls verschwunden. Ein kunstvoller neugotischer Hubertus-Kenotaph von 1848 aus Carrara-Marmor und französischem Sandstein mit acht Szenen aus dem Leben des Heiligen kann sie nicht ersetzen.

Schützen in Uniformen marschieren beim Neusser Schützenfest. / © David Young (dpa)
Schützen in Uniformen marschieren beim Neusser Schützenfest. / © David Young ( dpa )

Vor allem im Rheinland und in Westfalen, in den Benelux-Ländern und Nordfrankreich ist der heilige Hubertus bis heute populär. Der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften beziffert die Mitgliederzahl allein der Sankt-Hubertus-Schützenbruderschaften in Deutschland mit rund 80.000. Rund um den Hubertus-Tag am 3. November und in den Wochen danach werden in vielen Kirchen traditionelle Hubertusmessen gefeiert, mit viel Blechbläsern und den sogenannten Parforcehörnern, die sonst vor allem zum Blasen von Jagdsignalen verwandt werden.

Die 5.500-Einwohner-Gemeinde Saint-Hubert zwischen dem Radsport-Städtchen Bastogne an der Grenze zu Luxemburg und dem Marienort Beauraing an der Maas präsentiert sich heute als "europäische Hauptstadt der Jagd und der Natur". Zwei Kilometer von der einstigen Abteikirche, an der nördlichen Ausfallstraße, wurde ein Wildpark eingerichtet, wo auch die Geschichte von Saint-Hubert erzählt wird. Und vielleicht, vielleicht, ist ja im November dort auch ein Hirsch mit einem strahlenden Kreuz zwischen dem Geweih zu entdecken.

Namenstage

Sie entstammen den Jahrhunderte alten Traditionen der katholischen Kirche: Namenstage dienen der Feier des namensgebenden Schutzpatrons.

Auch heute werden Namenstage in manchen Regionen wie zweite Geburtstage gefeiert, wobei es dabei immer noch auf die jeweilige Konfession ankommt. In katholischen und in orthodoxen Gebieten sind Feiern des Namenstags durchaus noch üblich, bei den Protestanten sind sie aus der Mode gekommen.

Kerzen auf einer Geburtstagstorte / © Nito (shutterstock)
Kerzen auf einer Geburtstagstorte / © Nito ( shutterstock )
Quelle:
KNA