Der Dalai Lama in Deutschland - lebhafte Debatte und China-Kritik

Wer trifft ihn und wer protestiert?

Der Dalai Lama hat seinen fünftägigen Deutschlandbesuch begonnen. Zum Auftakt kam er mit dem hessischen Ministerpräsidenten Koch zusammen. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter warb dafür, dass die chinesische Regierung der Provinz Tibet einen Autonomie-Status zugesteht. Um staatliche Unabhängigkeit gehe es nicht. Heute trifft der Dalai Lama auch mit NRW Ministerpräsident Rüttgers zusammen.

 (DR)

Der Dalai Lama ist am Donnerstag zu einem fünftägigen Besuch in Deutschland eingetroffen. Es ist das erste Mal seit Beginn der Tibet-Unruhen im März, dass das geistliche Oberhaupt der Tibeter wieder in Europa ist. Nach seiner Ankunft auf dem Frankfurter Flughafen wurde der Dalai Lama als erstes von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) empfangen. Beide verbindet seit über 20 Jahren eine enge Freundschaft. Koch wollte sich «aus erster Hand» über die Vorgänge in Tibet und die Gespräche zwischen Vertretern der Exil-Tibeter mit der chinesischen Staatsführung informieren.

Nach dem Gespräch mit Koch warb der Dalai Lama für die Autonomie Tibets und ein friedliches Zusammenleben mit den Chinesen. Zugleich kritisierte der 72-Jährige das Verhalten Chinas bei der Niederschlagung des Protests in Tibet. Koch verlangte im Deutschlandfunk von der Bundesregierung einen klaren Kurs in der Tibetfrage. Anspruch müsse es sein, gleichzeitig ein Freund Chinas und des tibetischen Volkes zu sein.

Treffen mit Rüttgers
Unmittelbar vor seinem Treffen mit dem Dalai Lama hatte Koch von der Bundesregierung einen klaren Kurs in der Tibetfrage gefordert. Nach dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem religiösen Oberhaupt der Tibeter im vergangenen Jahr sehe er, dass «wieder symbolisch ein Stück zurückgerudert» wird«, sagte Koch im Deutschlandfunk. Der Anspruch der großen Koalition in Berlin müsse es sein, gleichzeitig ein Freund Chinas und des tibetischen Volkes zu sein.

Der Dalai Lama hält sich bis Montag in Deutschland auf. Bei öffentlichen Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Berlin wird er Vorträge unter anderem zum Thema Frieden und Menschenrechte halten. Während seines Besuchs wird er sich außerdem mit Bundestagspräsident Norbert Lammert sowie dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (beide CDU) treffen.

China protestiert
Das einzige Mitglied der Bundesregierung, das den Friedensnobelpreisträger von 1989 empfängt, ist Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Sie empfängt ihn am Montag in Berlin. Die chinesische Botschaft in Berlin kündigte einen Protest gegen das Treffen an.

"Wir sind dagegen, dass ein deutsches Regierungsmitglied den Dalai Lama empfängt und dass Deutschland ihm überhaupt die Einreise erlaubt", sagte Botschaftsrat Junhui Zhang der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstagsausgabe). Der Dalai Lama sei unmöglich nur in seiner Funktion als Religionsführer wahrzunehmen. "Er will Politik machen", so der Diplomat.

Bereits im vergangenen Jahr hatte ein Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem Dalai Lama im Bundeskanzleramt für Verstimmung bei der chinesischen Regierung gesorgt. Merkel, die weitere Treffen mit dem im Exil lebenden Oberhaupt der Tibeter nicht ausgeschlossen hat, befindet sich derzeit auf einer Lateinamerika-Reise.

Gespräch im Bundestag
Ferner wird der Dalai Lama in Bochum mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zusammentreffen. Auch ein Gespräch mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) ist vorgesehen. Zum Abschluss des Deutschlandbesuchs des Dalai Lama ist für Montagnachmittag eine Solidaritätskundgebung am Brandenburger Tor geplant. Dazu werden mehrere tausend Demonstranten erwartet.

Im Bundestag wird der Dalai Lama am Montag zudem mit Vertretern der Fraktionen zu einem Gespräch über die aktuelle Lage in Tibet zusammenkommen. Zu dem Treffen hat der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), eingeladen.
Außerdem werden führende Vertreter der Grünen, darunter Parteichefin Claudia Roth und die Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und Fritz Kuhn, ein Gespräch über die Menschenrechtslage in Tibet und China mit dem Dalai Lama führen.