Theologe: Kirche kann Segnung Homosexueller nicht mehr ablehnen

"Den Menschen im Blick"

Nach den jüngsten Papst-Äußerungen zu homosexuellen Lebensgemeinschaften kann die katholische Kirche aus Sicht des Brixener Moraltheologen Martin M. Lintner eine Segnung homosexueller Partnerschaften nur noch schwerlich verweigern.

In den USA herrscht Streit über den Umgang mit Homosexualität im geistlichen Amt / © Manuel Lopez (dpa)
In den USA herrscht Streit über den Umgang mit Homosexualität im geistlichen Amt / © Manuel Lopez ( dpa )

"Ich erwarte mir eine intensive, wenn auch kontroverse innerkirchliche Auseinandersetzung über diese Frage", sagte der Ordenspriester dem Internetportal katholisch.de (Samstag): "Die Dialogverweigerung seitens des Lehramtes über das, was theologisch und moraltheologisch dazu reflektiert worden ist, betrachte ich jetzt als aufgehoben. Die ausnahmslose Verurteilung einer homosexuellen Beziehung als sündhaft ist offensichtlich nicht das letzte Wort der Kirche in dieser Frage."

In den Äußerungen zeigt sich nach Ansicht des Theologen, dass Franziskus nicht mehr zuerst von der katholischen Lehre und vom Dogma ausgeht und die Menschen allein danach bewertet, ob sie dem entsprechen oder nicht: "Zunächst nimmt er den Menschen mit seinen Bedürfnissen und mit seinem Bemühen in den Blick, sein Leben verantwortlich zu gestalten."

Gegen Diskriminierung

Nach der Auffassung des Moraltheologen geht der Papst über die bisherige kirchliche Praxis, aber auch über die bisherige Lehre hinaus. Bislang sei es offizielle kirchliche Linie gewesen, dass sie sich gegen die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung eingesetzt habe. Jetzt setze der Papst sich darüber hinaus auch für ihre Rechte ein.

Mit Blick auf die Lehre sagte Lintner weiter, wenn der Papst die Rechte von Homosexuellen betone und sich auch dafür einsetze, dass sie zivilrechtlich eine eingetragene Lebenspartnerschaft führen könnten, werde "impliziert, dass er diesen Menschen ja auch zugesteht, eine intime Partnerschaft zu leben. Das kann die Kirche dann nicht mehr so leicht in die Ecke des Sündhaften stellen".

Kein Fundament zur Verurteilung

Der Moraltheologe forderte, dass die Kirche "endlich damit Ernst machen muss, dass die biblischen Aussagen zur Homosexualität aus heutiger Perspektive und Exegese kein Fundament mehr bilden, um eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft zu verurteilen".

Ein am Mittwoch in Rom vorgestellter Film zeigt Aussagen von Papst Franziskus, in denen er eingetragene, zivile Partnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare befürwortet: "Homosexuelle haben das Recht, in einer Familie zu leben", so das Kirchenoberhaupt in einer Szene. Auch sie seien Kinder Gottes: "Was wir benötigen, ist ein Gesetz, das eine zivile Partnerschaft ermöglicht."


Quelle:
KNA