Medizinjournalist klärt über medizinische Masken auf

"Das Risiko immer weiter runterfahren"

Bund und Länder haben die Corona-Beschränkungen verlängert und einige Regelungen verschärft. Nun müssen in Gottesdiensten medizinische Masken getragen werden. Medizinjournalist Magnus Heier erklärt, wie sinnvoll diese Masken sind.

Junge Frau mit einer medizinischen Schutzmaske / © marvelens (shutterstock)
Junge Frau mit einer medizinischen Schutzmaske / © marvelens ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Medizinische Masken sind Plicht geworden, beim Einkaufen und im Nahverkehr. Wie sinnvoll ist das überhaupt? Bietet so eine FFP2-Maske wirklich so viel Schutz, dass ich sagen kann, damit bin ich jetzt sicher, wenn ich U-Bahn fahre?

Dr. Magnus Heier (Facharzt für Neurologie und Medizinjournalist): Naja, ganz sicher sind sie nie, aber sie sind schon ziemlich sicher. Also diese FFP2-Masken, das sind die, die diese komische Form haben, die vorne so spitz zulaufen. Diese Masken bieten einen Schutz von 95 Prozent. Das ist definiert. Das ist gemessen. Das gilt natürlich nur dann, wenn die richtig anliegen, aber die haben oben einen Metallbügel, den Sie dann über den Nasenrücken klemmen können. Sie schmiegen sich, um es romantisch zu formulieren, eben seitlich an das Gesicht an. Wenn die Masken richtig anliegen, wenn sie kein Vollbartträger sind, dann bieten die eben diesen genannten 95-Prozent Schutz. Plus/Minus – weiß man natürlich nicht immer ganz genau. Das ist dann schon eine ziemlich gute Sicherheit.

DOMRADIO.DE: Es gibt ja nicht nur FFP2-Masken oder diese KN95-Masken, sondern man kann ja auch diese medizinischen OP-Masken nehmen. Ist das sinnvoll, denn FFP2 ist ja nicht einfach nur ein nettes Label? Das ist schon sinnvoll, oder?

Heier: Diese OP-Masken klingen ja erst einmal total sicher. Operations-Masken klingt ja optimal, ist es aber nicht ganz sicher. Diese Masken bieten einen deutlich geringeren Schutz. Ich gehe mal davon aus, dass diese Möglichkeit, auch die zu tragen, so ein bisschen politische Gründe hat und dass man die Leute nicht nötigen will oder kann, diese auch nicht ganz billigen FFP2/KN95 Masken zu kaufen, obwohl man die in Drogerien recht günstig kriegen kann. Und obwohl man die auch mehrere Tage tragen kann, wenn man sie längere Zeit zwischendurch liegen lässt. Insofern halte ich diese OP-Masken für wenig zielführend, die anderen aber wirklich für sehr gut.

Ich trage eine KN95-Maske, die einer FFP2-Maske entspricht. Das ist das amerikanische Modell. Ich trage die in der Stadt. Ich trage sie in Geschäften, was ich ja auch muss. Ich trage sie in meiner Praxis. Ich trage sie hier im Treppenhaus und ich trage sie vor allen Dingen auch im Aufzug. Das sind ja so Hotspots. Also gerade der Aufzug in dem Ärztehaus ist ja eine eigentlich unangenehme Sache. Da würde ich ohne eine solche Maske wirklich nicht reingehen.

DOMRADIO.DE: Jetzt sind diese FFP2-Masken auf Dauer ja auch viel teurer als die selbst genähten Baumwollmasken. Die kann man ja auch waschen. Wie ist das bei FFP2 Masken oder bei diesen KN95-Masken? Kann man die auch mehrfach tragen? Würden Sie das empfehlen? Kann man auch diese Masken waschen?

Heier: Waschen können sie die nicht. Dann haben sie eine weiße Masse, die können sie sich dann nur noch aufs Gesicht schmieren. Nein, was sie machen können, ist: Darüber gab es jetzt mehrere Untersuchungen. Es wurde ursprünglich empfohlen, die Maske bei einer bestimmten Temperatur im Backofen zu desinfizieren. Das wurde aber zurückgenommen. Diese Masken sind dafür ausgelegt, dass Sie sie eine Acht-Stunden-Schicht lang tragen können – und dann schmeißen Sie sie weg. Das entspricht aber nicht unserem Alltag. Wir tragen die ja in der Regel nicht acht Stunden am Arbeitsplatz am Stück, sondern wir tragen sie scheibchenweise. Also etwa wenn wir irgendwo hingehen, in ein Geschäft gehen, wenn wir in die Praxis gehen oder so. Das heißt, es kommt eine geringere Tragedauer zustande. Zweitens können sie diese Masken tatsächlich an eine Wäscheleine hängen, von mir aus. Dann hängen sie die vom Montag an die Wäscheleine und nehmen die von Dienstag – und dann können Sie diesen Zyklus drei, vier, fünfmal durchziehen, sodass Sie die Masken immer wieder benutzen, aber mit einer entsprechenden Austrocknungszeit. Die müssen ganz trocken werden.

Der entscheidende Unterschied übrigens zwischen der OP-Maske und dieser FFP2-Maske: Die OP-Maske ist eigentlich ein Schutz Ihrer Umwelt vor Ihnen. Also wenn Sie feucht ausatmen oder sprechen, fängt die OP-Maske durchaus diese Partikel ab. Das heißt, sie sind weniger infektiös. Beim Einatmen bieten Ihnen die aber wenig bis gar keinen Schutz. Die FFP2-Masken bieten einen Schutz für Sie selber beim Einatmen und für andere beim Ausatmen. Also ich würde schon aus egoistischen Gründen genau diese merkwürdig aussehenden, aber doch effektiven Masken empfehlen, um sich selber zu schützen – und die anderen.

DOMRADIO.DE: Jetzt bleiben wir mal gerade bei der egoistischen Sicht. Ich bin gerade an meinem Arbeitsplatz, da sollen ja auch möglichst Masken getragen werden. In der Praxis ist es ja dann so, wenn man sich auf seinen Schreibtischplatz setzt, dann geht die Maske ab und man sitzt im Zweifel dann wieder mit drei, vier Leuten in einem Raum. Ist es sinnvoll, die Masken da auch die ganze Zeit zu tragen? Sie haben ja gerade schon gesagt, die sind eigentlich dafür ausgestattet oder dafür ausgelegt, dass man die acht Stunden tragen kann, oder?

Heier: Ja, aber es ist natürlich sehr unkomfortabel, sie acht Stunden zu tragen. Es ist sehr unangenehm, sehr belastend. Also, ich trage sie. Ich ertrage sie, aber schön ist das nicht. Ich würde das kombinieren mit Lüftung. Ich würde auf jeden Fall den Arbeitgeber nötigen, einen Feinstaubfilter zu kaufen. Wir haben hier unten ein Restaurant und da steht so ein Ding. Im Moment steht es nur doof rum, weil natürlich das Restaurant zu ist. Aber es gibt diese Filter, die eine sehr gute Filterwirkung haben. Und Sie können ja wie in Schulen oder anderen öffentlichen Gebäuden Fenster öffnen, Sie können einen regelmäßigen Luftstrom dadurch leiten und dadurch das Risiko verringern, einfach durch Verteilung der ausgeatmeten Luft.

DOMRADIO.DE: Also Masken sind gut, aber Luftfilter und Lüften ist noch mal ein bisschen besser?

Heier: Das eine schließt das andere überhaupt nicht aus. Wir werden niemals eine hundertprozentige Sicherheit irgendwo kriegen. Aber wenn wir die verschiedenen Dinge miteinander kombinieren, dann erhöhen wir die Sicherheit immer weiter. Insofern würde ich die Fenster selbst dann aufmachen, wenn die meisten an ihrem Arbeitsplatz so eine Maske tragen. Ich würde diesen Luftfilter selbst dann haben oder die Maske selbst dann aufsetzen, wenn ich den Luftfilter habe, weil sie einfach das Risiko immer weiter runterfahren und das scheint mir wirklich sinnvoll zu sein.

Das Interview führte Gerald Mayer.


Symbolbild: Medizinische Masken - FFP2 Maske und OP-Masken / © ANDREA TOSI (shutterstock)
Symbolbild: Medizinische Masken - FFP2 Maske und OP-Masken / © ANDREA TOSI ( shutterstock )
Quelle:
DR