Das Ordenskleid gibt dem Mensch ein neues Gewand

Ein besonderes Outfit mit vielen Vorteilen

Das Klosterleben fasziniert viele Menschen, auch weil es sich so stark vom eigenen Alltag unterscheidet. In einer monatlichen Reihe stellen wir verschiedene klösterliche Prinzipien vor - im Oktober: das Ordenskleid.

Autor/in:
Kerstin-Marie Berretz OP
Habite hängen an einer Garderobe / © Simon Koy (KNA)
Habite hängen an einer Garderobe / © Simon Koy ( KNA )

In vielen Ordensgemeinschaften findet am Tag der Noviziatsaufnahme gleichzeitig die Einkleidung statt. Zu dieser Gelegenheit bekommt die Schwester oder der Bruder das Ordenskleid. Oftmals werden dabei Kleid und Schleier nicht nur überreicht, sondern die Schwester oder der Bruder werden von ihren Oberen regelrecht eingekleidet.

Mensch im neuen Gewand

So wird in einem für alle Anwesenden sichtbaren Akt deutlich, dass der bisherige Mensch bleibt, aber in ein neues Gewand schlüpft. Und damit zeigt sich schon am Tag der Einkleidung, was Ordensleben bedeutet: Nach außen hin mag eine Schwester mit Ordenskleid und Schleier völlig anders aussehen als in Zivilkleidung. Fakt ist aber: Sie bleibt im Kern die gleiche Person. Man nimmt sich selbst überall hin mit - auch dann, wenn man auf einmal genauso auszusehen scheint wie alle anderen im Kloster.

Deshalb bedeutet das Tragen eines Ordenskleides auch nicht, dass man seine Persönlichkeit abgibt. Die mag man zwar sehr gut in individueller Kleidung ausdrücken können; aber selbst ein Ordenskleid trägt jede und jeder ganz einzigartig. So erkennen Ordensfrauen einander auch von hinten ohne Probleme, weil die Persönlichkeit der Einzelnen sichtbar bleibt. Gleichzeitig zeigt das gleiche Kleid an: Ich gehöre dazu. Und: Sie gehört zu uns.

Eintauchen in die Gemeinschaft

Das kann gerade zu Beginn des Ordenslebens eine Erleichterung sein. Endlich kann man nach der ersten Zeit der Probe eintauchen in die Gemeinschaft - und in gewisser Weise auch in ihr untertauchen. Man fällt nicht direkt auf, wenn Menschen von außen auf die Gemeinschaft schauen. Man kann entdecken was es heißt, auch äußerlich zu einer Gruppe zu gehören und immer mehr in sie hineinzuwachsen.

Gleichzeitig fällt auf, wer das Kloster verlässt. Der Anblick von Ordensleuten ist im Alltag selten geworden. Deshalb fallen ein Ordensmann oder eine Ordensfrau im Habit direkt ins Auge und rufen nicht selten eine Reaktion her. So besteht die Chance, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Dabei entstehen oft gute Begegnungen, die erst durch die Erkennbarkeit als Ordensmensch möglich werden. Da Ordensfrauen oft als positiv wahrgenommen werden, ist es die einfachste Art, das Evangelium zu verkünden.

Eine Entscheidung weniger

Aus dem Ordenskleid ergeben sich aber auch ganz praktische Vorteile. Forscher gehen davon aus, dass jeder Mensch heutzutage etwa 20.000 Entscheidungen am Tag fällt, viele davon unbewusst. Aber jede einzelne Entscheidung kostet letztendlich Energie, weswegen nachgewiesen werden konnte, dass es Menschen im Lauf des Tages immer schwerer fällt, Entscheidungen zu treffen.

Wer aber jeden Tag weiß, was er oder sie anzieht, eben weil es das Ordenskleid ist, spart sich diese Energie auf für andere und vielleicht wichtigere Entscheidungen. Man muss morgens nicht vor dem Kleiderschrank stehen und lange darüber nachdenken, was heute das richtige Kleidungsstück sein könnte.

Gleichzeitig ist der Habit nachhaltig: Er unterliegt keiner Mode, ist üblicherweise hochwertig genäht und vielleicht sogar in der eigenen Schneiderei hergestellt worden. So kann das gleiche Kleid über viele Jahre hinweg getragen werden und belastet bei der Anschaffung die Umwelt und die Mitmenschen nicht.

Nachhaltige Kleidung

In dieser Weise kann das Ordenskleid vielleicht ein Anstoß für jede und jeden sein. Es kann dazu anregen, sich einmal Gedanken darüber zu machen, wofür man die eigene "Entscheidungsenergie" einsetzen möchte. Für manche Menschen mag es stimmig sein, jeden Morgen ein anderes Outfit auszusuchen. Für andere mag sich der Gedanke entlastend anfühlen, darauf weniger Energie verwenden zu müssen, um diese an anderer Stelle besser nutzen zu können.

Genauso kann der Habit der Ordensleute eine Anregung sein, um dem eigenen Kleidungskonsum auf die Spur zu kommen. In Zeiten von sogenannter Fast Fashion beeinflusst dieser Faktor die Umwelt ganz erheblich. Die Herstellung von Stoffen und Kleidern produziert viel CO2, und die Kunstfasern gelangen als Mikroplastik in die Meere. Da kann ein Kleidungsstück, das ähnlich zeitlich und hochwertig ist wie ein Ordenskleid, aktiv zur Bewahrung der Schöpfung beitragen.

Katholische Orden in Deutschland

Zur Deutschen Ordensoberkonferenz (DOK) mit Sitz in Bonn gehören heute nach eigenen Angaben rund 400 Obere. Sie vertreten 17.000 Ordensleute. Darunter sind etwa 300 Frauengemeinschaften mit rund 13.500 Mitgliedern, die in 1.144 klösterlichen Niederlassungen leben.

 Ordensfrau im Weinberg
 / © Julia Steinbrecht (KNA)
Ordensfrau im Weinberg / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA