Das Erzengelfest gedenkt der Boten Gottes

Engel als "göttliche Einbahnstraßen"

Sie schützen vor Gefahren oder überbringen göttliche Nachrichten: viele Menschen glauben an die Existenz von Engeln. Doch was sagt eigentlich die Bibel über sie und warum feiert die Kirche an diesem Donnerstag besonders die Erzengel?

Die Erzengel Michael, Raphael und Gabriel / © Tiberiu Stan (shutterstock)
Die Erzengel Michael, Raphael und Gabriel / © Tiberiu Stan ( shutterstock )

In der Bibel ist fast 300 Mal von ihnen die Rede. Doch haben die menschlichen Vorstellungen von Engeln hier wirklich ihren Ursprung? Der Bibelwissenschaftler und Leiter der Erzbischöflichen Bibel- und Liturgieschule im Erzbistum Köln, Gunther Fleischer, verweist auf die spärlichen Aussagen der Heiligen Schrift. "Biblisch betrachtet wird eigentlich immer nur gesagt, dass wenn ein Engel auftaucht, dass er aussieht wie ein Mensch oder wie ein Mann. Das heißt, die Engel tauchen noch nicht mal als geflügelte Wesen auf. Sie erscheinen in Menschengestalt und übernehmen eben Botenfunktion, Geleit-Funktion oder Sprech-Funktionen. Manchmal werden sie auch gar nicht gesehen."

Der Erzengel Gabriel bringt Maria die Frohe Botschaft / © Harald Oppitz (KNA)
Der Erzengel Gabriel bringt Maria die Frohe Botschaft / © Harald Oppitz ( KNA )

Wörtlich genommen sind die Engel vor allem Boten, auf Hebräisch Malach. Durch die Engel tritt Gott mit Menschen in Verbindung. Sie überbringen Nachrichten oder machen auf Gott aufmerksam. In alledem soll klar werden: Es gibt zwischen Himmel und Erde Mächte, die man nicht immer sehen kann, die aber im Heilsplan Gottes mit den Menschen eine Rolle spielen.

Gunter Fleischer, Theologe

"Engel ist eine Art und Weise, wie Gott mit dem Menschen in Verbindung treten will"

Engel selbst aber sind nicht göttlich, und angebetet werden können sie auch nicht - wenn man der Heiligen Schrift folgt, sagt Fleischer: "Biblisch sind die Engel einzig Wesen, die sozusagen eine Einbahnstraße bilden von Gott her zu den Menschen. Engel ist eine Art und Weise, wie Gott mit dem Menschen in Verbindung treten will oder ihnen etwas von sich mitteilen will, sich selbst den Menschen erfahrbar machen will. Aber immer ist der Engel nur ein Weg Gottes zu den Menschen."

Bibel beschreibt Engel nur spärlich

Engel werden von den Menschen herbeigesehnt, ihr Bild als Amulett oder Schutzengel-Figur verschenkt. Doch biblisch gesehen ist klar: "Der Engel ist nicht der Weg des Menschen zu Gott. Er kann sich nicht an Engel wenden, er kann keinen Engel herbeirufen. Engel werden nicht angebetet; Engel können sozusagen vom Menschen nicht instrumentalisiert werden."

Statue des Erzengels Michael in Rom / © OLF Picture (shutterstock)
Statue des Erzengels Michael in Rom / © OLF Picture ( shutterstock )

Drei Engel werden in der Bibel besonders herausgehoben: die sogenannten Erzengel. Es sind die einzigen Engel, die in der Bibel mit Namen gekennzeichnet sind: Michael, Gabriel und Raphael. Sie treten an besonders wichtigen Stellen in der Bibel auf.

In der Offenbarung des Johannes heißt es über den Erzengel Michael: "Da entbrannte im Himmel ein Kampf. Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen." Besonders bekannt ist der Engel Gabriel, der im Lukasevangelium Maria aufsucht und ihr die Geburt von Jesus voraussagt: "Fürchte dich nicht, denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, dem sollst du den Namen Jesus geben."

Der Engel Raphael wird im Alten Testament im Buch Tobit erwähnt: "Tobit und Sara beteten und das Gebet fand Gehör. Raphael wurde gesandt, um beide zu heilen."

Michael, Gabriel und Raphael: Durch sie spricht und wirkt Gott selbst. Ihre Namen weisen auf das Wesen Gottes hin. Übersetzt bedeutet Michael "Wer ist wie Gott?" Sein Name zeigt: Gott ist der Höchste, mit nichts und niemandem vergleichbar. Gabriel heißt "Gott ist stark". Und Raphael bedeutet "Gott heilt".

Engeln mit Flügel?

Die Kunst und der Mythos malen die Begegnungen mit Engeln als prächtige Erscheinungen aus, als überirdische Spektakel. Die Bibel ist da nüchterner. Die berühmteste Begegnung eines Engels mit einem Menschen ist die Verkündigung an Maria. Der Engel Gabriel sagt Maria voraus, dass sie ein Kind vom Heiligen Geist empfangen wird. Maria erschrickt, weiß nicht, wie ihr geschieht. Ist es eine Halluzination? Doch sie glaubt der unbekannten Stimme, vertraut, dass sie von Gott kommt, und wird so zur Mutter Gottes.

Zugeklappt zeigt das Triptychon die sogenannte Werktagsseite mit der Verkündigungsszene. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Zugeklappt zeigt das Triptychon die sogenannte Werktagsseite mit der Verkündigungsszene. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Hier wird deutlich, wofür Engel vor allem stehen, sagt Gunther Fleischer: "Gott lässt sich wirklich auf diese Welt ein. Und die Engel sollen ja im Grunde nichts anderes ausdrücken, als dass Gott sich auf unser irdisches Dasein einlässt. Glaube ich, dass Gott sich auf diese Welt eingelassen hat, immer wieder einlässt und dass er mit mir selbst sozusagen in Verbindung treten will? Und die Engel sagen: Ja, Gott findet selbst auch immer wieder einen Weg zu mir. Ich kann aber auch dem Engel die Tür vor der Nase zuschlagen. Die Möglichkeit lässt er mir."

Lange Verehrung der Engel

So sind viele menschliche Vorstellungen von Engeln eher der Fantasie oder einer gewissen Tradition geschuldet – die Bibel selbst hält sich mit konkreten Beschreibungen sehr zurück. Der Begriff Erzengel leitet sich von griechisch ἀρχάγγελοι ab und meint einen Engel in führender Stellung, eine Art "Oberengel". Dass am 29. September den drei Erzengeln gemeinsam gedacht wird, ist im liturgischen Kalender der Kirche noch nicht lange so vorgesehen.

Erzengel Michael, Gabriel, Rafael / © Gemeinfrei
Erzengel Michael, Gabriel, Rafael / © Gemeinfrei

Seit dem 4. Jahrhundert wird der Erzengel Michael verehrt, der 29. September etablierte sich im Laufe der Kirchengeschichte als Michaelstag, als Fest des Erzengels Michael. Im Zuge der Reform der Liturgie nach dem II. Vatikanischen Konzil wurde ab 1969 dieser Tag zum Fest der drei Erzengel insgesamt.

Dieses Fest ist nicht zu verwechseln mit dem Gedenktag der heiligen Schutzengel – der wird am 2. Oktober gefeiert. Doch letzterer muss dieses Jahr ausfallen – der Sonntag als "Herrentag" hat liturgisch Vorrang!

Quelle:
DR