Christliche Rohingya in Bangladesch sind Verfolgte unter Verfolgten

Überlebenskampf in den Flüchtlingslagern

Die Rohingya sind eine der am stärksten verfolgten Minderheiten der Welt. Kaum bekannt ist, dass es unter der überwiegend muslimischen Gruppe einen kleinen Teil von Christen gibt. Ihr Leben ist besonders in Gefahr.

Autor/in:
Michael Lenz
Cox's Bazar: Rohingya Flüchtlinge tragen einen Wasserkanister durch das Camp / © Kyodo (dpa)
Cox's Bazar: Rohingya Flüchtlinge tragen einen Wasserkanister durch das Camp / © Kyodo ( dpa )

Das Wochenende war für die christlichen Rohingya in den Flüchtlingslagern von Cox's Bazar in Bangladesch ausnahmsweise ein Grund zum Feiern. 18 junge Rohingya wurden durch Ganzkörpertaufe in die Gemeinschaft der Bethel Church aufgenommen. "Nach den Taufen haben wir gebetet und traditionelle Lieder gesungen", berichtet Pastor Peter Saiful der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) telefonisch aus der Stadt im Süden des islamischen Landes.

Über die Christen unter der ebenfalls überwiegend muslimischen Volksgruppe der Rohingya ist wenig bekannt - es sind vermutlich einige Tausend. In ihrer Heimat Myanmar werden sie aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit von Armee und Regierung verfolgt und vertrieben. Aber auch innerhalb der eigenen Minderheit sind sie wegen ihres Glaubens nicht sicher.

Eine Luftaufnahme des riesigen Rohingya-Flüchtlingslagers in Cox's Bazar / © Mahmud Hossain Opu (dpa)
Eine Luftaufnahme des riesigen Rohingya-Flüchtlingslagers in Cox's Bazar / © Mahmud Hossain Opu ( dpa )

Im Grenzgebiet von Bangladesch leben seit Jahren rund eine Million Rohingya-Flüchtlinge auf engstem Raum. Wer sich dort zu seinem christlichen Glauben bekennt, ist in Lebensgefahr. Während einigen Betroffenen die Weiterreise in andere Länder gelungen ist, harren die Verbliebenen in Cox's Bazar aus. Hoffnung für eine sichere Rückkehr nach Myanmar gibt es kaum. Zugleich nimmt die Bedrohung der Rohingya-Christen in den Flüchtlingslagern durch militante Islamtisten-Gruppen zu.

Die "Arakan Rohingya Salvation Army" (ARSA) etwa hat Pastor Saiful wegen seines Engagements ins Visier genommen. "In den Lagern wurden Plakate mit Fotos von mir und meinem jüngeren Bruder verteilt, die uns als Missionare bezeichnen und zu unserer Enthauptung aufrufen", sagt er.

Drohungen von Extremisten

Solche Drohungen sind ernst gemeint: Im Januar 2020 wurden zwei Rohingya-Christen in Cox's Bazar durch bewaffnete Extremisten getötet - zwölf wurden schwer verletzt. Zudem wurde eine junge Christin entführt, zum Islam zwangskonvertiert und zur Ehe mit einem ARSA-Mitglied gezwungen. Seither leben 25 Rohingya-Familien in einem besonders geschützten Lagerteil.

Seit Dezember 2024 sind die Rohingya-Christen einer neuen Welle von Drohungen ausgesetzt. Aggressive Slogans wie "Es gab unter den Rohingya nie Christen - und es wird nie welche geben" machen die Runde. Überdies wurde Saiful kürzlich im Internet beschuldigt, ein feindlicher Informant zu sein, der Informationen über kriminelle Bandenaktivitäten in den Lagern weitergebe.

Saiful weist dies zurück: "Ein UN-Anwalt hat mir geraten, Anzeige wegen Cyberkriminalität zu erstatten." Als christliche Führungspersönlichkeit zögere er jedoch, rechtliche Schritte einzuleiten. Sein Fall könnte zu weiteren Spannungen führen und die Christen unter den Rohingya noch mehr in Gefahr bringen, so seine Befürchtung.

Experte sieht Taufen kritisch

Der Myanmar-Experte und frühere UN-Mitarbeiter Paul Greening sieht auch die jüngsten Taufen unter den Flüchtlingen kritisch. "Das könnte die radikalen Kräfte provozieren und die Christen noch weiter gefährden", gibt er zu bedenken. 

Eine junge Rohingya mit ihrem Kind / © Zakir Hossain Chowdhury (dpa)
Eine junge Rohingya mit ihrem Kind / © Zakir Hossain Chowdhury ( dpa )

Mit Sorge beobachtet der in Thailand lebende Greening eine Zunahme der Spannungen im Vorfeld einer für September geplanten Rohingya-Konferenz der UN in New York. "Die Rohingya sind gespalten und haben keinen Plan", sagt er und fügt hinzu: "Da den Rohingya in Myanmar weitgehend der Zugang zu Bildung verweigert wurde, sind sie einfach zu manipulieren." Immer mehr dubiose Gruppen versuchten, dies auszunutzen.

Tatsächlich werden die militanten islamistischen Milizen und die kriminellen Banden - die Übergänge sind fließend - in den Lagern immer mächtiger. Die aussichtslos erscheinende Lage der Flüchtlinge und der Stopp der US-Finanzhilfen durch die Trump-Regierung machen die Situation immer prekärer.

Aus Angst vor Übergriffen halten sich die christlichen Rohingya in Cox's Bazar zu alledem sehr bedeckt. Ein organisiertes Gemeindeleben gibt es kaum. Und wenn doch, dann meist als Geheim-Zusammenschluss im Untergrund.

Rohingya

Als "Rohingya" bezeichnen sich die rund eine Million Muslime in Myanmars Teilstaat Rakhine (ehemals Arakan). Etwa eine weitere Million Rohingya leben als Flüchtlinge in Nachbarländern. Sie verstehen sich selbst als eigenständige ethnisch-religiöse Gruppe und gelten als eine der am stärksten verfolgten Minderheiten der Erde.

Staatliche Stellen in Myanmar vermeiden die Bezeichnung Rohingya und sprechen stattdessen von "Bengalis", die illegal aus dem benachbarten Bangladesch eingewandert seien.

Rohingya-Flüchtlingskind im Lager in Bangladesch / © Kay Nietfeld (dpa)
Rohingya-Flüchtlingskind im Lager in Bangladesch / © Kay Nietfeld ( dpa )
Quelle:
KNA