Chilenischer Kardinal tritt von Bistumsleitung zurück

Papst nimmt Ezzatis Amtsverzicht an

Der im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal unter Druck stehende chilenische Kardinal Ricardo Ezzati hat die Leitung seines Erzbistums Santiago abgegeben. Papst Franziskus habe den Amtsverzicht angenommen, teilte der Vatikan am Samstag mit. 

Kardinal Ricardo Ezzati Andrello / © Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Ricardo Ezzati Andrello / © Romano Siciliani ( KNA )

Als Übergangsleiter ernannte der Papst den Kapuziner Celestino Aos Braco, bislang Bischof von Copiapo in Nordchile. Missbrauchsopfer werfen Ezzati wie auch seinem Vorgänger Kardinal Francisco Errazuriz seit Jahren vor, Täter geschützt und die Aufklärung verschleppt zu haben. Ezzati wurde im Januar 77 Jahre alt; mit 75 sind katholische Bischöfe gehalten, dem Papst ihren Rücktritt anzubieten.

"Ezzatis Tage sind gezählt"

Einer der prominentesten Kritiker Ezzatis, der als Jugendlicher von einem Priester in Chile sexuell missbrauchte Juan Carlos Cruz, hatte erst in einem am Freitag veröffentlichten Interview der chilenischen Zeitschrift "La Segunda" gesagt, Ezzatis Tage seien gezählt. Für die chilenischen Bischöfe sei "der Karneval vorbei". Cruz bekundete jedoch Sorge, Ezzati könne sich als gebürtiger Italiener in sein Heimatland absetzen, um sich einer Strafverfolgung in Chile zu entziehen.

Der Übergangsleiter des Erzbistums Santiago, Aos, wurde am 6. April 1945 im spanischen Artaiz geboren und trat mit 18 Jahren in den Kapuzinerorden ein. Nach seiner Priesterweihe studierte er Psychologie in Barcelona und in Santiago de Chile. In Chile war er unter anderem an Kirchengerichten tätig. Papst Franziskus ernannte ihn am 25. Juli 2014 zum Bischof von Copiapo.

In einem Grußwort hat der 74-jährige Bischof und Kapuzinerpater am Samstag den Opfern seine besondere Zuwendung zugesichert und die Gläubigen um Mithilfe bei einer Transformation der Kirche gebeten. Eine Erneuerung der Hierarchie reiche nicht aus.

Er betonte, jetzt sei nicht die Stunde von Verurteilungen, sondern der Zusammenarbeit. Es gelte "Wege der Wahrheit und des Lebens zu suchen und nach vorne zu schauen", so der Kapuziner. Beim Erneuerungsprozess müssten die Gläubigen sich aktiv in einer "synodal geprägten Kirche" engagieren.

Wer wird Erzbischof von Santiago?

Der Sitz des Erzbischofs von Santiago ist mit dem Rücktritt von Ezzati und ohne die Ernennung eines regulären Nachfolgers rechtlich gesehen vakant. Als Übergangsleiter nimmt Aos zwar im wesentlichen die Rechte und Pflichten eines Ortsbischofs wahr, handelt als "Apostolischer Administrator" aber als Stellvertreter des Papstes, also auch in enger Anbindung an Rom.

Mit der Ernennung von Aos sind nach Angaben des Erzbistums Santiago neun der 27 kirchlichen Verwaltungseinheiten in Chile vakant und mit einem Apostolischen Administrator besetzt. Es handelt sich um San Felipe, Valparaiso, Santiago, Rancagua, Talca, Chillan, Valdivia, Osorno und Puerto Montt.

Vatikan überstellt Akten zu Missbrauch an chilenische Justiz

Der Vatikan hat in dem laufenden Missbrauchsverfahren mehrere Akten an die Staatsanwaltschaft in Santiago überstellt. Es handle sich um eine "Teilantwort" auf ein Rechtshilfeersuchen vom August 2018, teilte die Justizbehörde laut chilenischen Medien mit. Demnach gingen am Freitag mehr als 20 Dokumente im Gesamtumfang von über 200 Seiten ein. Bei den Verfahren geht es um mutmaßliche Sexualdelikte von Klerikern und anderen Kirchenmitarbeitern.

Wie die Medien weiter unter Berufung auf Justizangaben berichteten, ermittelt die chilenische Staatsanwaltschaft derzeit in 158 Fällen gegen 219 Kirchenmitarbeiter wegen Missbrauchs. Bei den mutmaßlichen Opfern gehe es um 241 Personen, von denen 123 zum Zeitpunkt der Tat minderjährig waren.


Kardinal Ezzati mit Papst Franziskus (r) / © Giuseppe Lami (dpa)
Kardinal Ezzati mit Papst Franziskus (r) / © Giuseppe Lami ( dpa )
Quelle:
KNA