Caritas kümmert sich bei Kälte um obdachlose Menschen

"Von der Gesellschaft teilweise vergessen"

In den kalten Wintermonaten sucht die Caritas wohnungslose Menschen auf und hilft mit dem Nötigsten. Jan Hünicke wird bei seiner Arbeit vor Augen geführt, wie privilegiert viele doch sind. Er gibt Tipps, was im Notfall zu tun ist.

Symbolbild Obdachloser in der Kälte / © Pixel-Shot (shutterstock)
Symbolbild Obdachloser in der Kälte / © Pixel-Shot ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Was ist Ihre Bilanz der letzten Woche? Wie sind die Menschen ohne festen Wohnsitz in Dortmund durch die Eiseskälte gekommen? 

Jan Hünicke (Sozialarbeiter in der Wohnungslosenhilfe der Caritas Dortmund): Die letzten Tage mit den extremen Temperaturen waren natürlich extrem stressig und anstrengend für die wohnungslosen Menschen in Dortmund. Wir wurden alle ziemlich auf die Probe gestellt. Es konnten viele Menschen in den drei Notschlafstellen der Stadt Dortmund unterkommen. Einige konnten auch in Wohnungen oder Kellern von Bekannten aufgenommen werden.

Allerdings gibt es einen großen Teil von Menschen auf der Straße, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht angebunden werden konnten. Die haben die Nächte bei der Eiseskälte ganz normal draußen verbracht. 

Jan Hünicke

"Viele haben die Nächte bei der Eiseskälte ganz normal draußen verbracht."

DOMRADIO.DE: Was bieten Sie den Leuten an, wenn es so eiskalt ist? 

Hünicke: Wir versuchen, den Kontakt zu den Menschen auf der Straße zu halten. Das heißt, wir suchen sie auf der Straße auf, machen Hilfsangebote, versorgen sie mit Hochleistungsschlafsäcken, mit Isomatten, warmer Kleidung, warmen Getränken und versuchen auch, die Menschen unterzubringen.

Wir bringen sie mit dem PKW in die Notschlafstellen oder müssen teilweise auch auf andere Initiativen zurückgreifen. Das sind Vereine auch außerhalb von Dortmund, die ganz unkompliziert auch Menschen in Not aufnehmen. 

DOMRADIO.DE: Nun wird es schon ein bisschen wärmer. Ändert das schon was?

Hünicke: Die akute Lebensgefahr bei Kälte ist erst mal vorüber. Aber unsere Arbeit geht genauso weiter wie vorher auch. Wir versuchen, die Menschen intensiv zu unterstützen, aus der Obdachlosigkeit herauszukommen. Eine Wohnung zu finden, ist eigentlich bei den meisten das größte Anliegen. 

Jan Hünicke

"Im Zweifel bitte direkt den Notruf wählen, lieber einmal mehr anrufen als einmal zu wenig."

DOMRADIO.DE: Wenn man in diesen Monaten im Winter jemanden regungslos draußen liegen sieht, wie verhält man sich da am besten? 

Hünicke: Gehen Sie auf jeden Fall hin. Sprechen Sie die Person an, versuchen Sie, ein Gespräch zu beginnen. Wenn die Person ansprechbar ist, machen Sie ein Hilfsangebot, fragen Sie die Befindlichkeit ab. Wir haben ja alle Smartphones dabei, dort kann man nach Notschlafstellen suchen und die Adresse weitergeben. Im Zweifel bitte direkt den Notruf wählen, lieber einmal mehr anrufen als einmal zu wenig.

Obdachlose in der Kälte (dpa)
Obdachlose in der Kälte / ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was führt denn die Situation Wohnungs- und Obdachloser bei Eiseskälte der Gesellschaft ganz grundsätzlich vor Augen? 

Hünicke: Das hält uns vor Augen, dass viele von uns sehr privilegiert sind. Wir haben eine warme Wohnung, vielleicht sogar ein Haus. Wir haben eine Arbeit, wir haben jeden Monat Geld. In jeder Stadt gibt es eine Personengruppe, die von der Gesellschaft ausgeschlossen ist und teilweise auch vergessen wird. 

Jan Hünicke

"In jeder Stadt gibt es eine Personengruppe, die von der Gesellschaft ausgeschlossen ist und teilweise auch vergessen wird."

DOMRADIO.DE: Sie arbeiten für die Caritas, also für einen katholischen Arbeitgeber. Macht das bei der Sozialarbeit auf der Straße einen Unterschied? 

Hünicke: Nein, wir haben alle einen Auftrag, wir haben ein gutes Netzwerk in Dortmund. Egal welche Institution das ist, wir arbeiten alle zusammen und sind alle mit Herz dabei. 

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Quelle:
DR