Bundesregierung weist Vorstoß für Irak-Flüchtlinge zurück

Kein Einsehen

Trotz der Forderungen aus Bundestag und Kirche zur raschen Aufnahme von irakischen Flüchtlingen will die Bundesregierung die Entscheidung der EU-Innenminister Ende November abwarten. Der Sprecher des Innenministeriums, Stefan Paris, verwies am Freitag in Berlin auf die für Anfang November geplante Reise einer Expertenkommission der EU nach Amman und Damaskus. Auf Grundlage ihres Berichts solle der EU-Ministerrat dann seine Entscheidung über eine Aufnahme treffen.

 (DR)

Paris reagierte damit auf eine Resolution des Bundestags-Menschenrechtsausschusses. Dieser hatte am selben Tag die Bundesregierung mit Mehrheit zur sofortigen Aufnahme irakischer Flüchtlinge aufgefordert. Zudem sollten die Länderinnenminister bei ihrer nächsten Sitzung am 20. und 21. November die Aufnahme von Irak-Flüchtlingen in Deutschland beschließen.

Die Vertreter von Union, SPD und Grünen sprachen von einer besonders dramatischen Lage und verwiesen auf die jüngsten «systematischen Angriffe» gegen Christen im Nordirak, der bislang vergleichsweise sicher gewesen sei. Zudem verschlechtere sich die Lage irakischer Flüchtlinge in Syrien, Jordanien und der Türkei ständig. FDP und Linksfraktion trugen die Resolution nicht mit.

Die katholische Kirche begrüßte die Initiative des Ausschusses. Die Bundesregierung solle nicht die Beratungen Ende November in Brüssel abwarten, sagte der Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Prälat Karl Jüsten, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Zugleich warnte er vor einem Exodus der Christen aus dem Irak. Die internationale Staatengemeinschaft sei aufgefordert, den dort verbliebenen Christen zu helfen und die Führung des Landes zu entsprechendem Engagement zu drängen.

Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Jens Plötner, verwies darauf, dass sein Haus mit großer Sorge die neuen Berichte über gezielte Verfolgungen der Christen im Irak verfolge. Das Ministerium sei auch im Gespräch mit der Kirche vor Ort. Paris schloss nicht aus, dass in Deutschland die Zahl der Asylbewerber aus dem Irak steigen werde. Diese Asylbewerber seien aber zu unterscheiden von einem Resettlement-Programm. Sollten sich die EU-Innenminister für eine geregelte Aufnahme von Irakern aussprechen, könne man sicher sein, dass Deutschland seinen Anteil leisten werde.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR stellten Iraker in der ersten Jahreshälfte 2008 die meisten Asylanträge in den westlichen Industriestaaten. Von insgesamt rund 19.500 Anträgen seien 60 Prozent in vier Ländern verzeichnet worden. An erster Stelle stand demnach Schweden, gefolgt von Deutschland, der Türkei und den Niederlanden. Die Lage der irakischen Christen in Mossul bezeichnete das UNHCR am Freitag als besorgniserregend. Mehr als 1.500 Familien und damit die Hälfte der christlichen Bevölkerung hätten die Region aus Angst vor Anschlägen bislang verlassen.