Briten diskutieren liberales Embryonengesetz

"Angriff auf die Menschenrechte"

Die katholische Kirche beklagte schon im Vorfeld einen "monströsen Angriff auf die Menschenrechte". Im britischen Unterhaus soll ab Montag eine Novelle des britischen Embryonengesetzes diskutiert werden. Es geht um Lizenzen für Mensch-Tier Embryos, künstliche Befruchtungen für lesbische Frauen und neue Richtlinien für Abtreibungen.

Autor/in:
Gaby Mahlberg
 (DR)

Schon seit Wochen sind Embryos aus menschlichem und tierischem Zellmaterial in den Schlagzeilen - nicht nur, weil deren Schaffung zu Forschungszwecken jetzt gesetzlich geregelt werden soll, sondern auch, weil es sie in der Praxis schon gibt. Mit einer Sondererlaubnis der britischen Embryologie-Behörde HFEA hatten Wissenschaftler am Institut für Humangenetik der Universität Newcastle menschliches Erbgut aus einer Hautzelle in die ausgehöhlte Eizelle einer Kuh eingefügt. Die offizielle Zulassung der sogenannten Chimären würde also nur noch eine bereits existierende Praxis langfristig legitimieren.

Die katholische Kirche lehnt die embryonale Stammzellforschung und die Herstellung von Chimären entschieden ab. Der schottische Kardinal Keith O'Brien sprach von einem "monströsen Angriff auf die Menschenrechte, die menschliche Würde und das menschliche Leben". Der Londoner Kardinal Cormac Murphy-O'Connor und der Erzbischof von Cardiff, Peter Smith, riefen die Wissenschaftler dazu auf, sich auf die Forschung mit adulten Stammzellen zu beschränken. Dafür müsse "kein menschliches Leben neu geschaffen und zerstört" oder "menschliches und tierisches Leben miteinander vermischt" werden. Forschung sollte möglich sein, ohne auf "ethisch fragwürdige Mittel" zurückzugreifen.

Streitpunkt künstliche Befruchtungen
Ebenso wendet sich die Kirche gegen einen Gesetzesvorschlag, der alleinstehenden und lesbischen Müttern künstliche Befruchtungen ermöglichen will. Das würde zum Wegfall der bisher gesetzlich verankerten "Notwendigkeit eines Vaters" führen und auch lesbische Paaren in einer eingetragen Lebensgemeinschaft gesetzlich als Eltern anerkennen. Das Fehlen einer Vaterfigur könne tiefgreifende psychologische Folgen für das Kind haben und sich negativ auf einen "gesunden Identitätssinn" auswirken, heißt es in einem Positionspapier der Kirche.

Eine solche Neudefinition der Elternschaft hätte aber auch weitreichende gesellschaftliche Konsequenzen. Ganze Teile des Familienrechts müssten neugeschrieben werden. "Gegen diesen Teil der Gesetzesvorlage sind auch viele, die nichts gegen Embryo-Experimente haben," sagte Josephine Quintaville, Mitbegründerin einer Lobby-Gruppe für reproduktive Ethik (CORE), der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

"Wir sehen die Abtreibung als eine Tragödie"
Klarer sind die Fronten dagegen beim Thema Abtreibung. Während Abtreibungsbefürworter Schwangerschaftsabbrüche vollkommen zu einer individuellen Entscheidung machen und die bisher erforderliche ärztliche Zustimmung in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen abschaffen wollen, fordern Lebensschützer eine Verkürzung der gesetzlichen Abtreibungsfrist von 24 auf 20 Wochen. Ihr Argument: Die Überlebenschancen zu früh geborener Babys hätten sich dank des medizinischen Fortschritts verbessert. Befürworter einer liberaleren Gesetzgebung sehen dafür keinen wissenschaftlichen Beleg.

In Großbritannien werden jährlich etwa 200.000 Abtreibungen vorgenommen. "Wir sehen die Abtreibung als eine Tragödie, weil sie das Wohl einer Person gegen das einer anderen setzt," sagte ein Sprecher der anglikanischen Kirche der KNA. Die gegenwärtige Gesetzeslage lege nicht genügend Wert auf die "moralische Bedeutung des Fötus".