Puljic sagte in der Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina, den Menschen sei nicht klar, warum die Fahnder so lange Zeit gebraucht hätten. Auch stelle sich die Frage, warum es gerade jetzt günstig sei, Karadzic zu verhaften. «Wir sind müde von den Stellungnahmen unserer Politiker und der internationaler Vertreter», so der Kardinal. Karadzic wurde seit 1995 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord gesucht.
Er hoffe, so Puljic, dass das Haager Tribunal und die internationale Gemeinschaft das Vertrauen zurückgewinnen könnten, das sie schon lange verloren hätten. Die Opfer des Krieges auf dem Balkan erwarteten, dass den Schuldigen der Prozess gemacht werde. Erst wenn das Tribunal für Gerechtigkeit sorge, werde es Frieden geben.
Der Erzbischof rechnet nach eigenem Bekunden nicht mit einer erneuten Eskalation. Wahrscheinlich werde nun zwar bei den extremen Gruppierungen der Radikalismus wachsen. So gewärtige er etwa einige radikale Reaktionen in der Teilrepublik RepublikaSrpska. Das breite Volk sehne sich aber nach Frieden, Fortschritt, Gerechtigkeit und Sicherheit. Die europäische Integration müsse diese Werte stärken. Nun sähen die Menschen, dass das Sprichwort zutreffe: «Die Gerechtigkeit ist langsam, aber kommt doch irgendwann.»
Der heute 63-jährige Puljic hatte während des Krieges in Bosnien ausgeharrt und sich unter Einsatz seines Lebens für die Zivilbevölkerung eingesetzt. 1994 erhob ihn Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsrang.
Auslieferung von Karadzic an Haager UN-Tribunal am Wochenende
Karadzic wird wahrscheinlich am Wochenende an das UN-Tribunal in Den Haag ausgeliefert. Spätestens jedoch Anfang nächster Woche werde der 63-Jährige in die Niederlande geflogen, sagte ein Sprecher der serbischen Staatsanwaltschaft. Der Karadzic-Anwalt kündigte an, er werde am Freitag Einspruch gegen den Auslieferungsbeschluss einlegen. In diesem Fall muss ein höheres Gerichtsgremium sofort entscheiden und das Justizministerium zustimmen.
Bosnischer Kardinal zu Karadzic-Verhaftung - Auslieferung nach Den Haag am Wochenende
"Warum erst jetzt?"
Nach der Verhaftung von Radovan Karadzic fordert der bosnische Kardinal Vinko Puljic zügiges Handeln des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Zugleich kritisierte der Erzbischof von Sarajevo am Mittwoch im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass der bosnische Serbenführer erst jetzt festgenommen worden sei. Am Wochenende soll Karadzic an das UN-Tribunal in Den Haag ausgeliefert werden.
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