DOMRADIO.DE: Durch den Sturm hat sich das Dach der Christuskirche angehoben. Wie haben Sie diesen Moment erlebt?
Antje Wachtmann (Insel-Pastorin der ev.-luth. Christus-Kirchengemeinde auf Borkum): Ich habe gerade in meiner Wohnung gesessen und bekam einen Anruf von Urlaubern, die ihre Ferienwohnung im gegenüberliegenden Appartementhaus haben. Die hatten vom Balkon aus den Blick auf unser Kirchturmdach. Denen war aufgefallen, dass sich das bewegt, Wellen schlägt und hoch geht. Ich bin sehr dankbar, dass die bei mir angerufen haben.
DOMRADIO.DE: Und dann sind Sie schnell zu Ihrer Kirche geeilt?
Wachtmann: Dann bin ich schnell zur Kirche hin. Ich habe es selber gesehen: Das Dach hob und senkte sich je nach Böe. Wir haben uns das vom Dachboden des Pfarrhauses aus angeguckt, weil man da ein bisschen weiter von oben draufschauen kann und gesehen, dass sich das Dach auch bis zum Dachfirst hin bewegte. Da war für mich klar: Ich rufe jetzt die Feuerwehr, wir brauchen hier Hilfe.
DOMRADIO.DE: Die Inselfeuerwehr war schnell zur Stelle. Mit der Drehleiter konnte das Dach gesichert werden. Das war bei Sturmböen der Windstärke 10 und 11 sicher ein abenteuerlicher Job.
Wachtmann: Ja, ich bin dankbar, dass die Feuerwehr so schnell da war und wirklich tolle Arbeit geleistet hat. Jetzt haben wir Sandsäcke auf dem Dach und das Dach ist zusätzlich mit Spanngurten gesichert, die bis aufs Gelände gehen. Damit kann erstmal nichts passieren, bis der Dachdecker da ist und alles repariert hat.
DOMRADIO.DE: Haben Sie im ersten Moment gedacht, da fliegt mir gleich meine ganze Kirche um die Ohren?
Wachtmann: Mein Gedanke war eher, dass ich der gegenüberliegenden Kurverwaltung nicht unser Kupferdach schenken möchte. Außerdem geht vor der Kirche eine Straße lang, wo Urlauber und Borkumerinnen und Borkumer unterwegs sind. Da soll natürlich niemand verletzt werden.
Meine Sorge war, dass ich diesen Zustand nicht einfach so lassen kann. Noch halten die Verbindungen, aber wenn bei der nächsten starken Böe noch welche abreißen, was dann? Diese Verantwortung will ich nicht übernehmen. Deswegen war ich dankbar, dass die Feuerwehr uns geholfen hat.
DOMRADIO.DE: Wie groß ist der Schaden an der Kirche und am Turm?
Wachtmann: Das wissen wir noch nicht, weil man sich das ganz schlecht angucken kann. Wir haben einen relativ hohen Kirchturm und der Dachdecker musste erst mal ins Dach steigen und gucken, wie sehr das Dach verbogen ist, wie viele von den Verankerungen kaputtgegangen sind und uns einen Kostenvoranschlag machen. Aber ich hoffe, dass das in den nächsten Tagen passiert.
DOMRADIO.DE: Unter dem Motto "Insulaner halten zusammen" haben Sie Hilfe von der reformierten Gemeinde Borkum bekommen. Wie sah die aus?
Wachtmann: Das war sehr schön. An dem Tag ist grade eine neue reformierte Kollegin eingeführt worden. Das heißt, die hatten eigentlich ganz andere Gedanken als unser Kirchturmdach. Aber sofort hat der Kirchenvorstand gesagt: "Wenn ihr eure Kirche nicht benutzen könnt, kommt zu uns, ihr dürft euren Gottesdienst bei uns feiern".
Da halten wir hier auf Borkum gut zusammen und es gibt eine ganz tolle Ökumene.
DOMRADIO.DE: Und die Gottesdienste können jetzt wieder stattfinden?
Wachtmann: Ja, wir konnten die Kirche so absichern, dass der Bereich, wo die Sandsäcke auf dem Dach sind, weiterhin gesperrt ist. Aber dort, wo man in die Kirche rein kommt und auch in der Kirche selbst herrscht keine Gefahr. Dementsprechend können wir die Kirche Gott sei Dank wieder nutzen. Dem Reformationstag und den nächsten Sonntagen steht somit nichts mehr im Wege.
DOMRADIO.DE: Sie sind erst wenige Wochen Insel-Pastorin auf Borkum und waren vorher auf dem Festland in Aurich. Das war ein stürmischer Einstand. Was lieben Sie an der Insel und an Ihrer Gemeinde?
Wachtmann: Ich mag an dieser Insel und an der Gemeinde vor allen Dingen, dass sich eine Ortsgemeinde für Urlauberinnen und Urlauber gastfreundlich öffnet. Es gibt Urlauber, die sagen, die lutherische Kirchengemeinde auf Borkum ist meine Kirchengemeinde, wenn ich hier im Urlaub bin. Somit entsteht ein ganz buntes und vielfältiges Programm und Menschen genießen es, bei uns in die Gottesdienste und Veranstaltungen zu kommen.
Das Interview führte Carsten Döpp.