Bonner Gemeinde nimmt Flüchtlinge aus der Ukraine auf

Pfarrheim wird zur Notunterkunft

In der Bonner Gemeinde St. Thomas Morus soll ein Pfarrheim zur Notunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine werden. Diakon Ralf Knoblauch erklärt, wie sich die Gemeinde vorbereitet und dabei von den Erfahrungen aus 2015 profitiert.

Notunterkunft für Flüchtlinge in einer katholischen Pfarrei / © Nikolai Wolff (KNA)
Notunterkunft für Flüchtlinge in einer katholischen Pfarrei / © Nikolai Wolff ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie haben Sie das denn organisiert, dass Flüchtlinge zu Ihnen kommen können?

Ralf Knoblauch / © privat
Ralf Knoblauch / © privat

Diakon Ralf Knoblauch (Pfarrei St. Thomas Morus in Bonn): Wir haben natürlich auch coronabedingt im Moment die Situation, dass unsere Heime relativ wenig frequentiert sind und von daher gut Raum da ist. So haben wir uns dann entschieden, dass eines unserer Pfarrheime geräumt wird, also sprich die Bestuhlung raus, die Tische raus, so dass dies als Übergangs-Flüchtlingslager oder als Unterkunft genutzt werden kann.

DOMRADIO.DE: Die Menschen, die zu ihnen kommen haben Schlimmes erlebt. Wie bereiten Sie sich und Ihr Team darauf vor, diesen Menschen zu begegnen?

Knoblauch: Wir empfangen heute Nachmittag die ersten drei Personen. Wir haben geplant, dass in diesem Pfarrsaal bis zu elf Personen unterkommen werden. Das werden letztlich dann zwei große Familien sein. Die kennen sich untereinander. Wir haben jetzt in der Vorbereitung diesen Saal möglichst ansprechend gestaltet.

Wir haben bunte Bilder aufgehängt, wir haben Blumen aufgestellt, sodass zumindest ein bisschen atmosphärisch die Menschen spüren, dass sie hier bei uns sehr herzlich willkommen sind und wir geben unser Bestes.

DOMRADIO.DE: Schon 2015 hat das Team Geflüchtete betreut. Kann es aus dieser Erfahrung schöpfen?

Knoblauch: Ja, absolut. Aber es ist natürlich auch für diesen großen Kreis der Ehrenamtlichen, die in diesen Jahren bei uns auch sehr aktiv waren, eine Chance, sich noch einmal neu wieder aufzuraffen und zu gucken, was wir damals an Know-how gebraucht haben, welche Fähigkeiten jeder einzeln einbringen kann. Und da waren viele Menschen sofort wieder bereit, wieder einzusteigen und sich in diesen heutigen Krisensituationen zu engagieren.

DOMRADIO.DE: Wir hören gerade viel, dass Essen und auch Hygieneartikel für Geflüchtete gesammelt wird. Wie bewerkstelligen Sie die Verpflegung der geflüchteten Menschen?

Schätzung: 225.000 Ukraine-Flüchtlinge kommen nach Deutschland

Laut einem Bericht des "Spiegel" (Samstag) schätzt die Internationale Organisation für Migration (IOM), dass bis zu 225.000 Kriegsvertriebene aus der Ukraine in Deutschland Schutz suchen könnten. Das gehe aus einem internen Papier der Bundesregierung hervor. Demnach rechnet die Organisation damit, dass insgesamt bis zu 1,7 Millionen Flüchtlinge die Ukraine wegen des Angriffs Russlands auf das Land verlassen werden.

Knapp eine Woche nach dem Angriff Russlands sind schon rund 666.000 Menschen aus der Ukraine geflohen / © Visar Kryeziu/AP (dpa)
Knapp eine Woche nach dem Angriff Russlands sind schon rund 666.000 Menschen aus der Ukraine geflohen / © Visar Kryeziu/AP ( dpa )

Knoblauch: Logistisch sind wir da in Bonn sehr gut aufgestellt. Wir haben hier das sogenannte ZeSaBo, das ist das zentrale Sachspenden-Lager. Das ist ein großer Verein, wo wir auf all diese nötigen Artikel zurückgreifen können. Da bin ich in den letzten Tagen schon öfters mit unserem Gemeindebus hingefahren.

Wir haben also im Grunde den ganzen Bedarf von Hygiene dort abgreifen können, so dass die wirklich alles dann auch hier direkt vor Ort finden. Und wir kooperieren hier sehr stark mit der Bonner Tafel, sodass auch ein großer Vorrat an Grundnahrungsmitteln schon in der Pfarrküche bereitsteht, so das dann direkt auch gekocht werden kann.

DOMRADIO.DE: Aktuell ist ja leider kein Ende des Kriegs in Sicht und selbst dann sind dort viele Häuser noch nicht bewohnbar. Wie planen Sie für die Zukunft? Wie lange können und wollen Sie die Geflüchteten bei sich aufnehmen?

Knoblauch: Das haben wir erst mal gar nicht festgelegt, sondern wir haben gesagt, solange sie diese Unterkunft brauchen, werden wir ihnen die auch geben können. Wir haben in unserer Gemeinde eh ein neues Nutzungskonzept auf den Weg gebracht. Von daher können wir uns auch jetzt längerfristig vorstellen, dass wir erst einmal ganz gut auf dieses Pfarrheim verzichten können und die Menschen dort eine Bleibe haben. Und das werden sicher noch viel, viel mehr werden.

Wir haben diesen Kreis der Ehrenamtlichen jetzt schon sehr, sehr groß gefasst, so dass wir auch im Bereich von Beratung einsteigen werden. Bei all diesen Behördengängen werden sie von Menschen, engagierten Christen und Christinnen aus unserer Gemeinde, begleitet.

Das Interview führte Julia Reck.

Quelle:
DR
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