Bistum Fulda veröffentlicht Missbrauchsbericht

Mindestens 120 Betroffene

In vier Jahren sichtete die unabhängige Aufarbeitungskommission über 2.000 Akten und legt nun ein differenziertes Bild zu sexuellem Missbrauch im Bistum Fulda seit 1945 vor. Bischof Michael Gerber zeigt sich erschüttert.

Verdachtsmeldungen / © Pixel-Shot (shutterstock)

Mindestens 120 mutmaßlich Betroffene von sexuellem Missbrauch hat es im Bistum Fulda seit 1945 gegeben. Das geht aus einem 319-seitigen Abschlussbericht hervor, den die unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum am Dienstag in Fulda vorstellte. 

"Missbrauchsopfer wurden in ihren Nöten und ihrem Leid bis zum Jahr 2010 nicht beachtet. Man war blind für das Leid der Betroffenen", sagte der Kommissionssprecher und ehemalige CDU Oberbürgermeister von Fulda, Gerhard Möller.

Beschuldigte seien bis zur Jahrtausendwende regelmäßig mit Nachsicht behandelt worden. "Das Ansehen der Kirche sollte nicht beschädigt werden", so Möller. Es habe "möglichst unauffällig" Versetzungen ohne Angabe von Gründen gegeben. In Pfarreien hätten sich zuweilen große Teile hinter die Beschuldigten gestellt, während Betroffene gemieden worden seien.

2.124 Akten gesichtet

Die Aufarbeitungskommission sichtete in den vergangenen vier Jahren unabhängig und systematisch 2.124 Personalakten von 1945 bis Dezember 2024. Demnach kam es 239 Mal zu strafbaren sexuellen Handlungen. Die Kommission geht allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus. An 37 Betroffene wurden finanzielle Leistungen in Anerkennung des Leids geleistet.

Die Aufarbeitungskommission übergab ihren Bericht an Bischof Michael Gerber, der das Bistum seit 2019 leitet und auch stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist. Er sagte: "Wir haben als Bistum Schuld auf uns geladen, und ich bitte um Entschuldigung - und ich weiß, dass eine Bitte nicht genügt." Gerber versprach, die Aufarbeitung fortzuführen und die Prävention weiter auszubauen. Er will sich nach Lektüre des Berichts am 26. Juni ausführlich dazu äußern.

In der Kommission sitzen mehrere Juristen, eine Sozialpädagogin, eine Sozialarbeiterin sowie eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Hinzu kommen zwei Betroffene aus dem gemeinsamen Betroffenenrat der Bistümer Fulda und Limburg.

Erste Kommission, die Abschlussbericht vorlegt

Ähnliche Kommissionen gibt es in allen katholischen Bistümern in Deutschland. Sie gehen auf eine Vereinbarung der Bischöfe aus dem Jahr 2020 mit dem damaligen Bundesbeauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) zurück. Nach Angaben der Bundesbeauftragten ist die Kommission in Fulda die erste, die einen Abschlussbericht vorlegt.

Bistum Fulda

Das Bistum Fulda wurde im Jahr 1752 gegründet. Es erstreckt sich vom nordhessischen Bad Karlshafen bis in den Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim und von der Universitätsstadt Marburg in Oberhessen bis nach Geisa im Thüringer Land auf einer Fläche von 10.318 Quadratkilometern. 

Die Diözese hat rund 327.000 Katholikinnen und Katholiken. Fulda ist ein Diasporabistum, in dem die Katholiken insgesamt in einer Minderheit sind, wenn auch mit regional starken Unterschieden. 

Der Fuldaer Dom begrüßt die deutschen Bischöfe. / © Ingo Brüggenjürgen (DR)
Der Fuldaer Dom begrüßt die deutschen Bischöfe. / © Ingo Brüggenjürgen ( DR )
Quelle:
KNA