Bischof Kohlgraf rät bei Bibelworten zu Homosexualität zu Vorsicht

Keine "ewigen Wahrheiten"

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf wehrt sich dagegen, aus Textpassagen in der Bibel zur Homosexualität unhinterfragt "ewige Wahrheiten" abzuleiten. Auch heutige Erkenntnisse der Humanwissenschaften müssten berücksichtigt werden.

Bischof Peter Kohlgraf / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Peter Kohlgraf / © Harald Oppitz ( KNA )

Man müsse die Textstellen aus der Heiligen Schrift zur Homosexualität immer vor ihrem Zeithintergrund verstehen, sagte Kohlgraf in einer am Sonntagmorgen ausgestrahlten Sendung des Südwestrundfunks (SWR).

Der katholische Bischof betonte: "Ich nehme nicht einen Halbsatz aus der Bibel und sage: Das ist jetzt der Halbsatz, der unhinterfragt für alle gilt." Aus Bibelstellen zur Homosexualität könne man "nicht einfach zeitlos gültige, ewige Wahrheiten ableiten". Vielmehr müssten immer auch die heutigen Erkenntnisse der Humanwissenschaften berücksichtigt werden. Er gehe mit biblischen Texten anders um, "als sie nur als Steinbruch zu nutzen". Die wissenschaftlich fundierte Theologie sei heute "erheblich weiter".

"Homosexuelle Priester sind gute Seelsorger"

Kohlgraf sagte weiter: "Es gibt bekennend homosexuelle Priester in Deutschland, und die sind gute Seelsorger." Er betonte, heute könne man in der katholischen Kirche in Deutschland sehr offen über das Thema Homosexualität reden. Kohlgraf (58) ist seit 2017 Bischof von Mainz. Er äußerte sich im SWR Demokratieforum im Hambacher Schloss zum Thema "Tabus in unserer Gesellschaft - zwischen Moral, Macht und Medien". Weitere Gäste der vom Publizisten Michel Friedman moderierten Runde waren die Filmemacherin Mo Asumang und der Journalist Ronen Steinke.

Theologe: Bibel verurteilt Homosexualität nicht

Nach Ansicht des Bonner Professors für die Exegese des Alten Testamtens, Ulrich Berges, verbietet die Bibel Homosexualität nicht. Das gelte auch für Levitikus 18, 22, sagte Berges im Gespräch mit DOMRADIO.DE.

"Der Text Levitikus ist ungefähr 500 Jahre vor Christus geschrieben worden. Er bezieht sich immer auf einen Analverkehr zwischen Männern, wobei der Analverkehr immer ein Akt der Demütigung ist. Das ist also überhaupt nicht zu vergleichen mit einer freien, zwischen gleichen Partnern geschlossenen oder versprochenen Lebensbeziehung", so Berges.

Homosexuelles Paar / © LikClick (shutterstock)
Quelle:
KNA