Bischof Huber: Ohne Vernunft neigen Religionen zur Gewalt

Warnen vor der "barbarischen Gefahr"

Zum Reformationstag hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, die Bedeutung der Religionen für den Frieden betont. Vorbild könne die den Protestantismus prägende Verbindung von Glaube und Vernunft sein, heißt es in einem Beitrag des Berliner Bischof in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" mit Blick auf den Dialog mit dem Islam.

 (DR)

Zum Reformationstag hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, die Bedeutung der Religionen für den Frieden betont. Vorbild könne die den Protestantismus prägende Verbindung von Glaube und Vernunft sein, heißt es in einem Beitrag des Berliner Bischof in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" mit Blick auf den Dialog mit dem Islam. Ein nicht durch die Vernunft aufgehellter Glaube sei in Gefahr, "barbarisch und gewalttätig zu werden".

Erinnerung an Dialog mit dem Islam
Der EKD-Ratsvorsitzende rief die Christen zugleich auf, nicht die dunklen Seiten ihrer eigenen Kirchengeschichte zu vergessen. Huber: "Wie zäh haben sich Formen der Gewalt im Christentum festgesetzt!" Der Bischof erinnerte etwa an die Verbindung von Antijudaismus und Christentum. "Auch im Dialog mit dem Islam sind diese Kapitel nicht zu verschweigen."

Nur mit einer solchen selbstkritischen Haltung könnten Christen vom Islam erwarten, dass er der religiösen Legitimation von Gewalt entgegentritt, erklärte der Repräsentant von rund 26 Millionen Protestanten. Wegen der geschichtlichen Erfahrungen mit der Gewalt im Christentum habe es die Reformation zum Programm erhoben, dass das Evangelium "ohne Zwang, allein durch das Wort" ausgebreitet werden solle, fügte Huber hinzu.

Gott und Vernunft sind nicht zu trennen
Wo immer "das Vernunftwidrige im Namen Gottes" gerechtfertigt werde, sei Widerspruch angesagt. Darauf habe auch Papst Benedikt XVI. jüngst in seiner Argumentation gegen "Bekehrung durch Gewalt" hingewiesen.
«Diese Einsicht muss freilich keineswegs nur gegenüber der Gewaltneigung im Islam geltend gemacht werden.» Sie sei auch selbstkritisch gegen alle Bekehrung durch Gewalt in der Geschichte des Christentums zu wenden.

Bischof Huber warnte davor, Religion und christlichen Glauben in das Reich des Irrationalen zu verbannen. Zugleich sollten sich Christen nicht aus Angst vor modernen Strömungen in der Gesellschaft abschotten und etwa Bibelkritik oder neue Entdeckungen in der Naturwissenschaft verdammen. Der christliche Glaube dürfe nicht "als Gegengift gegen den Geist der Moderne" und "vermeintlich heilsame Ausflucht aus den Anforderungen der Zeit" verstanden werden.