Bischof Genn beurlaubt Kirchengerichtsleiter

Bis auf weiteres

Der Leiter des Kirchengerichts und des Domkapitels im Bistum Münster, Dompropst Kurt Schulte, darf bis auf weiteres seine Ämter nicht ausüben. Bischof Felix Genn hat ihn auf eigenen Wunsch mit sofortiger Wirkung beurlaubt.

Bischof Felix Genn / © Guido Kirchner (dpa)
Bischof Felix Genn / © Guido Kirchner ( dpa )

Dies teilte das Bistum am Freitag mit. Zuvor habe sich eine Person gemeldet, die Schulte grenzüberschreitendes Verhalten zur Last lege. Eine weitere Meldung, die anonym beim Bistum eingegangen sei, habe der Interventionsbeauftragte Peter Frings an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

Dompropst Kurt Schulte (l.) mit Bischof Genn (m.) im Jahr 2014 / © Marius Jacoby (KNA)
Dompropst Kurt Schulte (l.) mit Bischof Genn (m.) im Jahr 2014 / © Marius Jacoby ( KNA )

Im Anschluss an die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft leite das Bistum kirchenrechtliche Voruntersuchungen ein, hieß es weiter.

Keine Angaben zu laufenden Verfahren

Schultes Beurlaubung gelte vorerst bis zum Abschluss der Untersuchungen. Weihbischof Christoph Hegge übernehme ab sofort die vorübergehende Leitung des Domkapitels. Das Kirchengericht leite kommissarisch Vizeoffizial Heinz Erdbürger.

Auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärte Frings, dass Schulte sich zu den Vorwürfen vorerst nicht äußern werde. Auch mache das Bistum während des laufenden Verfahrens keine weiteren Angaben.

St.-Paulus-Dom in Münster / © Chi_Chirayu (shutterstock)
St.-Paulus-Dom in Münster / © Chi_Chirayu ( shutterstock )

Forschende der Universität Münster hatten vergangene Woche eine Aufarbeitungsstudie zu sexuellem Missbrauch durch Geistliche im Bistum Münster vorgelegt. Die Untersuchung zählt 196 Beschuldigte zwischen 1945 und 2020 sowie 610 Betroffene. Die Wissenschaftler werfen den Vorgängern Genns vor, für eine "klerikale Vertuschungsgeschichte" verantwortlich zu sein. Als Reaktion hat das Bistum unter anderem den Zugang zu den Gräbern von ehemaligen Bischöfen im Münsteraner Dom gesperrt. Ein entsprechendes Hinweisschild ist von Schulte gezeichnet.

Von Lettmann zum Priester geweiht

Schulte wurde am 15. Januar 1965 in Cloppenburg geboren und studierte Theologie und Philosophie in Münster und Freiburg. Er wurde an Pfingsten 1991 vom damaligen Bischof Reinhard Lettmann zum Priester geweiht.

Türschild mit der Aufschrift Bischöfliches Offizialat in Münster / © Julia Steinbrecht (KNA)
Türschild mit der Aufschrift Bischöfliches Offizialat in Münster / © Julia Steinbrecht ( KNA )

2010 ernannte Genn Schulte zum Leiter des Bischöflichen Offizialats, des Diözesangerichts des Bistums. Er war bereits seit 2001 Diözesanrichter und stellvertretender Leiter des Gerichts. 2013 wurde er Dompropst am Sankt-Paulus-Dom in Münster und damit Leiter des Domkapitels.

Das Domkapitel im Bistum Münster ist ein Gremium von insgesamt 16 Priestern. Es berät den Bischof in Leitungsfragen und ist für die Gottesdienste im Dom verantwortlich. Eine wichtige Aufgabe spielt es zudem bei der Wahl eines neuen Bischofs.

Studie: Flächendeckender Missbrauch im Bistum Münster

Die Zahl der beschuldigten Priester und Missbrauchsopfer im Bistum Münster ist nach einer Studie der Universität Münster deutlich höher als bekannt. Laut der über zwei Jahre dauernden Forschungsarbeit eines fünfköpfigen Teams gab es von 1945 bis 2020 fast 200 Kleriker und bekannte 610 minderjährige Opfer von sexuellem Missbrauch. Damit sind 4,17 Prozent der Priester betroffen. Die Dunkelziffer ist erheblich höher. Die Forscher gehen von 5000 bis 6000 Opfern aus.

 Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster
 / © Lars Berg (KNA)
Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster / © Lars Berg ( KNA )
Quelle:
KNA