Bildungsexperte fordert Gesprächsformat in Schulpolitik

"Wir brauchen einen Bildungsrat"

Der Gipfel zur effektiven Bekämpfung der Bildungsmisere fand größtenteils ohne die Ministerinnen und Minister der Länder statt. Martin Buhl vom Zentralkomitee der Katholiken fordert Gesprächsformate auf allen Ebenen.

Schüler recken den Arm im Unterricht / © Sunflower Light Pro (shutterstock)
Schüler recken den Arm im Unterricht / © Sunflower Light Pro ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie beurteilen Sie den laufenden Bildungsgipfel?

Martin Buhl (Sprecher des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken für den Sachbereich Bildung, Kultur, Medien): Ich finde es erst mal einen guten Aufschlag, dass wir wieder in der Gesamtgesellschaft über Bildung sprechen. Aber es ist ein Aufschlag und meiner Meinung nach müssen wir das verstetigen. Deshalb brauchen wir den Nationalen Bildungsrat, um gemeinschaftlich über Bildung der Zukunft zu sprechen.

DOMRADIO.DE: Viele Minister*innen waren wegen fehlender Vorbereitung und Abstimmungen oder einer zu "lapidar" nicht dabei, wie hätte man das Ihrer Meinung nach besser angehen können?

Buhl: Das kann ich nicht genau sagen, da ich in die Vorbereitung nicht involviert war. Als ich das Programm sah, fand ich es sehr bedauerlich, dass die Kultusminister nicht dabei waren. Aber wir brauchen ein Gesprächsformat, sodass wir auf allen Ebenen über Bildung reden.

Wenn nun die Kultusminister meinen, dieser Bildungsgipfel sei für sie nicht der richtige Weg, dann müssen wir ein Gesprächsformat finden, wo wir miteinander sprechen. Darum haben wir einen nationalen Bildungsrat gefordert, der schon seit längerer Zeit im Gespräch ist. Ziel des Bildungsrates ist es zu sehen, was wir in der Bildung brauchen und wie sie in Zukunft ausgestattet sein muss, damit sie funktioniert?

Martin Buhl (ZdK-Sprecher des Sachbereichs Bildung, Kultur, Medien)

"Wir brauchen das Gespräch in der Politik und zwar auf allen Ebenen."

DOMRADIO.DE: Wer sollte denn Mitglied des Nationalen Bildungsrates sein, den das ZdK fordert?

Buhl: Wir brauchen das Gespräch in der Politik und zwar auf allen Ebenen, im Bund, in den Länder und Kommunen, in der Wissenschaft und vor allem auch in der Praxis, also auch an Schulen, in Kitas und in anderen Einrichtungen. Ich denke, dass auch noch andere zivilgesellschaftliche Gruppen ihren Beitrag dazu leisten können.

DOMRADIO.DE: Mangelnde Einigkeit ist hinderlich beim Vorangehen. Wie sinnvoll finden denn Sie dieses Föderalismus Prinzip in Sachen Schulsystem?

Buhl: Wir wissen ziemlich genau, dass die Länder, in denen es Einigkeit darüber gibt, wie Bildung aussehen soll, auch bei den Bildungsstudien am besten abschneiden. Das hat auch nichts mit Föderalismus zu tun, sondern wie einig man sich ist. Auch im Föderalismus kann man Einigkeit herstellen.

Das müssen wir schaffen: zu wissen, was unsere gemeinsamen Ziele sind, gemeinsame Standards festlegen und eine gemeinsame Finanzierung sicherstellen. In meinen Augen sind wir ganz weit weg davon, dass wir einheitliche Strukturen schaffen.

Martin Buhl (ZdK-Sprecher des Sachbereichs Bildung, Kultur, Medien)

"Auch die Bürokratie muss man überdenken."

DOMRADIO.DE: Wie kann denn eine bessere Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund oder aus sozial schwachen Familien aussehen, angesichts mangelnder Ausstattung und Finanzen?

Buhl: Für mich ist der Digitalpakt ein gelungenes Beispiel. Da hat der Bund relativ viel Geld in die Hand genommen, um mit den Ländern zusammen die digitale Ausstattung der Schulen zu verbessern. Wir sind noch weit weg davon, dass es wirklich gut ist. Auch die damit verbundene Bürokratie muss man überdenken.

Den grundsätzlichen Ansatz finde ich aber sehr gut: der Bund gibt den Ländern Zielvorgaben mit, die Länder setzen das um und die Kommunen machen das vor Ort handhabbar.

DOMRADIO.DE: Könnten denn auch Kirchengemeinden mehr in die Bildung einbezogen werden?

Buhl: Ganz genau, alle zivilgesellschaftlichen Akteure und da gehören die Kirchen auch dazu. Ich bin Schulleiter in einer Kommune mit 25.000 Einwohnern. Wir haben natürlich auch die Schule und die Kirche, die auch eine Rolle spielt, unabhängig vom Religionsunterricht. Wir haben teilweise Kooperationen in der Nachmittagsbetreuung und ich glaube schon, dass die Kirche da noch mehr machen könnte.

Ich fordere flächendeckend Schulseelsorger, weil wir eine ganz große Not bei den Kindern haben und da könnte die Kirche sehr fruchtbar wirken. Bildung ist auch mehr, als nur das reine Fachwissen. Wir wollen die Kinder ganzheitlich kompetent machen und da gehören Leib, Seele, Kopf und Herz dazu. An dieser Stelle kann die Kirche ganz viel bieten.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR