Biblische Oratorien als "Aktionfilme" des 19. Jahrhunderts

Wenn der Hammer niederfährt

Dramatische Auseinandersetzungen mit Götzen, martialisches Triumphgeheul und eine Himmelfahrt mit dem Feuerross – Mendelssohn zeigt mit dem Oratorium "Elias" seine ganze Kompositionskunst; auch wunderbar leise Momente kennt das Werk.

Ein Kreuz auf einer Bibel / © Tetyana Afanasyeva (shutterstock)
Ein Kreuz auf einer Bibel / © Tetyana Afanasyeva ( shutterstock )

Wenn Superhelden wie "Thor" oder "Batman" sich durch die Kinos und Streamingportale prügeln, fällt auf, dass es immer wieder Parallelen zu Heldenfiguren der Bibel gibt. Komponisten wie Händel oder Mendelssohn Bartholdy setzten die dramatischen Erlebnisse der biblischen Protagonisten so eindrucksvoll in Musik, dass deren Abenteuer fast so anschaulich wirkten wie die heutigen Action-Filme.

Elias als Thor?

Der Prophet Elias ist eine Art Thor des Alten Testaments, der darüber jubelt, dass das Gottes Wort wie ein Hammer ist, "der Felsen zerschlägt". Das Werk "Elias" entstand nur ein Jahr vor Mendelssohns frühem Tod 1847. Zentrale Figur in dem Oratorium ist der besagte alttestamentliche Prophet Elias. In zwei Teilen schildert Mendelssohn dessen Auseinandersetzungen mit Götzenanbetern und sein Hadern mit Gott. Für das Publikum packend, schildert Mendelssohn die inneren und äußeren Kämpfe des Propheten.

Mächtige göttliche Zeichen

Im ersten Teil des Oratoriums sagt Elias eine Dürre voraus, weil die Menschen nicht an Jahwe glauben. Genau so kommt es, außerdem erweckt Elias den Sohn einer Witwe wieder zum Leben. Dann legt er sich mit König Ahab und dem Baalskult an. Die Auseinandersetzung gipfelt auf dem Berg Karmel. Im Brandopfer zeigt sich Jahwe als der mächtigere Gott, denn er entzündet die Gaben von Elias ohne weiteres, während bei den Baalsjüngern nichts passiert und ihr Opfer nicht angenommen wird. Elias feiert diesen Sieg ausgelassen, von Mendelssohn beeindruckend in Musik gesetzt.

Der kraftstrotzende Gottesmann schwächelt

Trotz des Triumphes muss Elias fliehen. Deswegen kippt im zweiten Teil des Oratoriums die Stimmung. Jetzt ist Elias nicht mehr der kraftstrotzende Gottesmann, sondern eher resigniert und einsam, zermürbt von Glaubenskämpfen und voller Zweifel. Dann erlebt er eine so genannte Theophanie, Jahwe zeigt sich ihm in einer Gottesschau, – ähnlich wie zuvor bei Mose. Doch Gott erscheint nicht gewaltig und mit viel Donner oder im Feuer, sondern schlicht im Säuseln des Windes.

Aus dieser Begegnung schöpft Elias neue Kraft und fährt in seinem Wirken für Gott vor. Nach mehreren erfolgreichen Auseinandersetzungen mit König Ahab und dessen Familie stirbt Elias nicht, sondern wird durch "einen feurigen Wagen mit feurigen Rossen" zum Himmel enthoben. Ein groß angelegter Schlusschor verherrlicht in dem Oratorium das Wirken Gottes an Elias und seine Aufnahme in den Himmel.

Statue von Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig / © Jan Adler (shutterstock)
Statue von Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig / © Jan Adler ( shutterstock )

Seinerzeit war das Werk ein großer Erfolg für Mendelssohn, das in Birmingham uraufgeführt wurde. In England folgten noch mehrere sehr erfolgreiche Aufführungen. Mendelssohn wurde als legitimer Nachfolger von Georg Friedrich Händel gesehen, dessen Oratorien in dem Land immer noch außerordentlich populär waren.

Elias als letzter großer Erfolg

Kurz vor der Erstaufführung in Deutschland 1847 starb Mendelssohn im Alter von nur 38 Jahren. So populär wie in England wurde der Elias in Deutschland erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Aufführungsboykott der Nazis. Heute gehört das Oratorium auch hierzulande zu den bekanntesten Werken von Mendelssohn.

Am Sonntagabend erklingt ab 20 Uhr der Abschluss der DOMRADIO.DE-Sommerreihe mit Oratorien von Mendelssohn Bartholdy.

Quelle:
DR