Berlin beschließt mehr Betreuungsplätze für unter Dreijährige - von der Leyen jubelt - Bischof Mixa beklagt verfehlte Familienpolitik

"Historischer Schritt"

Die Bundesregierung will die Betreuung für Kinder unter drei Jahren stark ausbauen. Das Kabinett beschloss dazu am Mittwoch das Kinderförderungsgesetz. Das Ziel: Bis 2013 für jedes dritte Kind unter drei Jahren einen Betreuungsplatz schaffen. Unterdessen kritisierte der Augsburger Bischof Walter Mixa erneut eine verfehlte Familienpolitik.

 (DR)

"Wir können jetzt endlich die ellenlangen Wartelisten für die Betreuungsplätze abbauen", sagte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Berlin und sprach von einem "historischen Schritt". Das Gesetz werde "Deutschland spürbar verändern".

Das Kinderförderungsgesetz sieht einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für alle Kinder unter drei Jahren ab dem 1. August 2013 vor. Gleichzeitig soll ein Betreuungsgeld ab 2013 an Familien gezahlt werden, die ihre Kleinkinder zu Hause betreuen. Insgesamt wird sich der Bund mit vier Milliarden Euro an den Ausbaukosten von 12 Milliarden Euro beteiligen. Nach Angaben der Ministerin stieg die Quote der Eltern, die eine Tageseinrichtung für Kinder unter drei Jahren in Anspruch nehmen, von 13,6 Prozent 2006 auf 15,5 Prozent im vergangenen Jahr.

Das als "Herdprämie" kritisierte Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kleinkinder zu Hause erziehen, hatte vor allem die CSU gefordert. Auch Leyen hatte eine solche Zahlung zunächst abgelehnt, musste dann aber der Parteilinie folgen. Die SPD hatte sich lange gegen einen solchen Passus im Gesetz gewehrt. Über die Höhe soll erst 2013 entschieden werden.

Kritik von Gewerkschaft und Opposition
Kritik kam von der Opposition. Die familienpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Ina Lenke, kritisierte die "Weigerung der SPD", privatgewerbliche Kinderbetreuung der staatlichen Förderung komplett gleichzustellen. Diana Golze von der Linken bemängelte dagegen, das neue Gesetz sei "Kommerzialisierung durch die Hintertür". Leyens Vorschlag laufe auf eine schleichende Privatisierung der Jugendhilfe hinaus.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte die im Gesetz vorgesehene "öffentliche Förderung profitorientierter Kita-Unternehmen". Dies bedeute, es gebe "teure Bildung für die Reichen und billige Betreuung für die Armen - diese Entwicklung kennen wir aus anderen Ländern, die auf gewerbliche Kitas setzen". Das Gesetz sieht vor, Träger von privaten Einrichtungen wie beispielsweise Betriebskindergärten künftig staatlichen und kirchlichen Einrichtungen hinsichtlich der Finanzierung durch die Länder gleichzustellen.

Mixa beklagt verfehlte Familienpolitik
Der Augsburger Bischof Walter Mixa hat unterdessen erneut eine verfehlte Gesellschafts- und Familienpolitik kritisiert. Viele junge Mütter müssten ihre kleinen Kinder in staatliche Fremdbetreuung geben, um wirtschaftlich überleben zu können, erklärte er am Mittwoch. Erhielte eine Mutter monatlich 1.500 Euro Erziehungsgeld, was den Kosten eines Krippenplatzes entspreche, dann könnte sie wirklich frei zwischen Erwerbs- oder Familienarbeit entscheiden.

Als verfassungsrechtlich bedenklich nannte es Mixa, wenn von staatlicher Seite offen oder unterschwellig der elterlichen Erziehung die Qualität abgesprochen werde. Natürlich gebe es Fälle von Vernachlässigung. Dann aber müsse der Staat darauf bedacht sein, die Eltern für ihre Aufgabe zu ertüchtigen. Das natürliche Erziehungsrecht der Eltern dürfe aber nicht kurzerhand verstaatlicht werden, betonte der Bischof.