Benedikt XVI. ermutigt deutsche Kirche zu "selbstbewusster Begegnung mit Islam"

Deutsche Bischöfe beim Papst

 (DR)

Benedikt XVI. hat die katholische Kirche in Deutschland aufgerufen, sich nicht zu verstecken, sondern sich mutig und selbstbewusst den Herausforderungen durch Säkularisierung und Gottesverlust in der Gesellschaft zu stellen. Die Antworten der Kirche aus dem Glauben hätten sich in den geistigen Auseinandersetzungen zweier Jahrtausende bewährt, sagte der Papst am Freitag beim Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe im Vatikan in einer Grundsatzrede. Hören Sie zu der Rede einen Beitrag von Radio Vatikan.

Ansprechpartner für Muslime bereitstellen
Der Papst riet den deutschen Bischöfen, an Orten mit großer muslimischer Bevölkerung sachkundige katholische Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen. Den vielen Muslimen in Deutschland würde die Kirche "mit Respekt und Wohlwollen begegnen".

Lob und Würdigung vom Pontifex
In seiner Rede an die erste Gruppe deutscher Bischöfe, die von den Kardinälen Karl Lehmann, Mainz, und Georg Sterzinsky, Berlin, angeführt wurden, würdigte Benedikt XVI. die tiefen geistlichen Wurzeln der Kirche in Deutschland. Zugleich verwies er auf deren hervorragende Mittel zur Förderung des Glaubens und zur Unterstützung bedürftiger Menschen im In- und Ausland. Die Zahl der engagierten Katholiken und die Qualität ihres Wirkens für Kirche und Gesellschaft seien "wahrlich bemerkenswert". Zugleich lobte der Papst die gute Zusammenarbeit von Kirche und Staat zum Wohl der Menschen in Deutschland.

Alle fünf Jahre sind die katholischen Bischöfe aus aller Welt nach dem Kirchenrecht zu einem so genannten Ad-limina-Besuch im Vatikan verpflichtet. Zweck ist es, den Papst über die Situation in den einzelnen Bistümern zu informieren.

Dank an die Laien, aber keine Laienpredigt
Ausdrücklich dankte Benedikt XVI. den vielen Laien für ihre aktive Mitarbeit in der Kirche. Diese werde immer wichtiger. Allerdings sollten die je eigene Sendung von Priestern und Laien nicht vermischt werden. Die Predigt während der Messe sei und bleibe dem geweihten Priester vorbehalten. Zudem sollten, wenn genügend Priester und Diakone anwesend seien, diese die Kommunion austeilen. Weiter sollten Fragen der Leitungsfunktion von Laien im pastoralen Dienst nicht nur auf der Basis von Zweckmäßigkeiten erörtert werden. Man müsse auch der sakramentalen Struktur der Kirche Rechnung tragen, so der Papst.

Einführungsjahr vor Priesterausbildung
Für die Priesterausbildung empfahl der Papst in seiner Rede die Einrichtung eines Einführungsjahres vor Studienbeginn. Dies vermittle bessere Eindrücke von der Eignung und Reife eines Kandidaten als gruppendynamische Rollenspiele, Selbsterfahrungsgruppen und psychologische Experimente. Diese könnten manchmal sogar Verwirrung und Unsicherheit schaffen.

Als zentrale Aufgabe bezeichnete Benedikt XVI. den Religionsunterricht an den Schulen. Er müsse den gesamten Glauben vermitteln und sich am Lehramt der Kirche orientieren. Auch bei der Theologen- und der Priesterausbildung sei die Treue zum Glaubensgut auf Grundlage des kirchlichen Lehramts Voraussetzung. Die Bischöfe sollten die kirchliche Lehrerlaubnis (Das "Nihil obstat") nur nach gewissenhafter Prüfung erteilen.

Gemmingen zur Papstrede an die Deutschen Bischöfe
Pater Eberhard von Gemmingen, den Leiter der deutschsprachigen Abteilung bei Radio Vatikan im Interview.

Was ist die Hauptbotschaft des Papstes an die deutsche Kirche?
„Die Hauptbotschaft ist: Angesichts der Säkularisation soll die Kirche in Deutschland die christliche Botschaft, die eine befreiende, große, hilfreiche Botschaft ist, gut vermitteln. Und dazu muss die Bildung in der Schule, in den Universitäten stimmen. Das heißt, die Bischöfe sollen dafür sorgen, dass das Eigentliche der Botschaft gegenüber der säkularisierten Welt auf eine einladene Weise verkündet wird. Denn die Welt hat nicht Vieles zu sagen, klagt der Papst an. Wir aber haben etwas zu sagen, und das soll man ‚rüberbringen'."

Der Papst hat ja auch gesagt, dass er eine gewisse Mutlosigkeit wahrnimmt.
„Ich würde nicht sagen Mutlosigkeit, sondern Orientierungslosigkeit. Die Gesellschaft macht große Töne, sagt er mit andern Worten, aber dahinter steht oft sehr viel Leere. Wir Christen haben etwas zu bieten, etwas Gutes und das sollen wir verkünden."

Er hat ja auch einige innerkirchliche Themen angesprochen. Was war da wichtig?
„Der Konflikt zwischen Priester und Laien: Was hat der eine, was hat der andere zu tun. Er dankt den Laien, er sagt „Ihr habt eine wichtige Funktion, aber bitte: Die Priester haben eine andere Funktion." Erstens im Gottesdienst zu predigen und zweitens, wenn es genügend Priester und Diakone gibt, auch die Eucharistie auszuteilen. Das ist m.E. ein kleiner innerkirchlicher Konflikt, der alle, die sonntags in die Kirche gehen, irgendwie betrifft und den diese Menschen verstehen. Aber für die Gesellschaft spielt das keine Rolle, das ist eine Frage im Innern der Kirche."

Thema Muslime. Er hat sich dazu eigens geäußert. Er hat gesagt, es sei nötig ein „demütiges und festes Zeugnis". Was heißt das?
„Demütig heißt: Wir sollen nicht anmaßend gegenüber Muslimen auftreten. Aber wir sollen doch klar sagen, was unser Glaube ist. Damit meint der Papst: Wir Christen und ihr Muslime, wir stehen eigentlich auf der gleichen Seite des Flusses. Auf der anderen Seite stehen die Relativisten, die Liberalen, die an nichts glauben. Wir sollen den Muslimen sagen, was wir glauben, aber nicht auftrumpfend und nicht anmaßend."