Bei Mileis Besuch in Rom viel Herzliches und wenig Konkretes

Rätselraten um Papstreise in die Heimat geht weiter

Gut eine Stunde haben Javier Milei und Papst Franziskus miteinander geredet. Worum es ging, teilten weder der exzentrische Präsident noch der Papst mit. Dabei sprechen die beiden sogar denselben argentinischen Dialekt.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
Argentinischer Präsident Milei begrüßt Papst Franziskus (dpa)
Argentinischer Präsident Milei begrüßt Papst Franziskus / ( dpa )

So viel Herzlichkeit war selten bei politischen Gesprächen auf höchster Ebene im Vatikan. Schon am Sonntag kam es im Petersdom zu einer unerwartet herzlichen Umarmung. Der wirtschaftsliberal denkende Staatspräsident fiel dem sozial eingestellten Papst aus seinem Heimatland förmlich um den Hals. Der 34 Jahre ältere Papst persönlich hatte zuvor mit einer witzigen Bemerkung über die oft belächelte Frisur seines Gastes das Eis gebrochen, wie Umstehende später berichteten.

Umarmung zur Begrüßung

"Hast du dir die Haare geschnitten?", so die Eröffnungsfrage bei der spontanen Begegnung im Petersdom. Der Präsident bedankte sich artig für die Aufmerksamkeit und entgegnete: "Darf ich Sie umarmen?" Der Papst ließ es zu und erwiderte die stürmische Begrüßung mit einem herzlichen Lächeln.

Auch die offizielle Begegnung der beiden aus Buenos Aires stammenden Staatsoberhäupter am Montag verlief sehr herzlich, wenn man den vom Vatikan verbreiteten Fotos glauben darf. Vorher und hinterher lächelte Milei unentwegt, und seine Schwester Karina, die auch Generalsekretärin des Präsidialamtes und engste Vertraute des Präsidenten ist, strahlte beim offiziellen Foto mit dem Papst übers ganze Gesicht.

Den dazugehörigen Post im Portal X versah Milei mit einem staatsmännischen "Gott segne das argentinische Volk". Aber viel mehr verlautete nicht über das Gespräch in der Privatbibliothek des Papstes. Die Dauer der Begegnung wurde mit rekordverdächtigen 70 Minuten angegeben. Zum Vergleich: Die kurz zuvor vom Papst empfangene Präsidentin von Tansania verbrachte ganze 25 Minuten an selbiger Stelle – und das, obwohl bei dem Treffen ein Übersetzer nötig war.

Länger nicht mehr wohlhabendstes Land Lateinamerikas

Einen Dolmetscher brauchten die beiden aus Buenos Aires stammenden Männer nicht. Aber ob sie in der vertraulichen Stunde hinter verschlossenen Türen vielleicht sogar im gemeinsamen "Porteno"-Dialekt der Bewohner von Buenos Aires sprachen, blieb ebenso offen wie die Frage, ob sie Szenarien für eine mögliche Reise des Papstes in sein Heimatland diskutierten. Wenn es dazu käme, könnte sie einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die dramatische wirtschaftliche und politische Krise in dem einst wohlhabendsten Land Lateinamerikas haben.

Selbst argentinische Journalisten, die Milei bei seiner mehrtägigen Israel- und Italienreise begleiteten, mühten sich zunächst vergebens, mehr über die Begegnung zu erfahren. Die meist gut informierte argentinischen Zeitung "La Nacion" kommentierte das Schweigen beider Seiten mit den Worten, die Beziehung zwischen dem Präsidenten und dem Pontifex sei halt noch "eine private und eine öffentliche Baustelle".

Schwere Wirtschaftskrise war Thema

Auch der argentinische Kardinal Victor Fernandez, der zufällig am selben Tag seine wöchentliche Audienz beim Papst hatte, erging sich in Allgemeinplätzen über die Sorge des Papstes um sein Heimatland, als ihn Journalisten im Damasushof des Vatikans abfingen. Auch hier kein Wort über mögliche Reisepläne oder über die Haltung des Papstes zur marktliberalen Politik Mileis. Dass es bei den übrigen Gesprächen Mileis im Vatikan auch um die schwere Wirtschaftskrise Argentiniens und um Mileis politische Pläne dagegen ging, war lediglich aus dem ansonsten dürren Kommunique des vatikanischen Staatssekretariats zu erfahren.

Manche Beobachter hatten schließlich noch auf den Nachmittag gehofft, als nach den Treffen Mileis mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni und Staatspräsident Sergio Matarella noch ein Abendessen möglich schien. Vielleicht wäre in gelockerter Atmosphäre doch noch das eine oder andere aufschlussreiche Wort gefallen.

Doch dann wurde bekannt, dass Milei bereits um 22.30 Uhr seinen Rückflug antreten wolle, und zwar so, wie er es in Befolgung seines versprochenen Sparkurses meistens tut: Nicht mit einer eigenen Präsidentenmaschine, sondern mit einem normalen Linienflug. Und der wartet nicht am Flughafen, bis der Präsident seinen letzten Termin absolviert und alle Journalistenfragen beantwortet hat.

Quelle:
KNA