DOMRADIO.DE: Das Amt für Religions- und Weltanschauungsfreiheit wurde 2018 erstmals von der Bundesregierung eingeführt. Wie wichtig ist die Religionsfreiheit für die jetzt scheidende Bundesregierung?

Frank Schwabe (SPD-Bundestagsabgeordneter und Beauftragter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit): Das ist international ein wichtiges Thema. Die Bundesregierung sieht es als Thema der Menschenrechte an. Ich mache mich stark dafür, dass diese Dimension gesehen wird.
Wir beobachten weltweit, dass da, wo Menschenrechte, Meinungsfreiheit oder Demonstrationsfreiheit unter Druck stehen, in der Regel auch die Religions- und Weltanschauungsfreiheit in Gefahr ist. Weltweit können viele Menschen ihre Lebensart oder ihre Religiosität nicht ausleben.
DOMRADIO.DE: Sie haben das Amt als Beauftragter für Religionsfreiheit mit der Weltanschauungsfreiheit erweitert. Welche Rolle hat die Weltanschauung abseits der Religionen bis jetzt in Ihrer Arbeit gespielt?
Schwabe: Es ist international wichtig, dass wir das deutlich machen. Uns wird oft vorgeworfen, dass wir doppelmoralisch unterwegs sind und mehr auf das gucken, was uns wichtig ist.
Immer noch ist die Mehrheit der Menschen in Deutschland dem christlichen Glauben anhängig. Deswegen ist es wichtig, das Ganze zu erweitern. Es war ein Kampf, dass das überhaupt aufgenommen wird. Das war der erste Schritt. Mittlerweile haben wir das ein oder andere Treffen gemacht und haben eine Broschüre herausgegeben.
Ich würde sagen, wir bewegen uns noch mit Trippelschritten vorwärts. Es war mein Job, das neu einzuführen und ich hoffe, dass mein Nachfolger beziehungsweise meine Nachfolgerin das weiter vertiefen kann.
DOMRADIO.DE: Wir haben den Umbruch in Syrien und die Proteste im Iran erlebt. Ihr Themenbereich ist momentan von großer Relevanz. Welches Land oder auch welches Thema hat Ihre Arbeit in den letzten Jahren am meisten bewegt?
Schwabe: Eigentlich könnte man sich mit über 100 Ländern auf der Welt beschäftigen. Ich habe mich sehr viel mit dieser von Ihnen erwähnten Region beschäftigt. Ein Besuch in Syrien war nicht möglich. Ich konnte aufgrund der Lage unter Assad nicht hinreisen. Aber ich war sehr häufig im Irak und im Nordirak. Die Lage ist dort sehr vergleichbar mit der in Syrien.
Wir haben eine Situation, dass nach Tausenden von Jahren unterschiedlicher Religionen, die nebeneinander existiert haben, nun die Sorge besteht, dass es einen Exodus gibt.
Die Angst ist groß, dass Christinnen und Christen, aber auch Jesidinnen und Jesiden ihre Heimat komplett verlieren könnten.
Das ist dramatisch, wenn man sich die Zahlen anschaut. Im Nordirak beispielsweise lebten vor zehn oder 15 Jahren noch 1,2 Millionen Christinnen und Christen. Heute sind es zwischen 200.000 und 300.000. Auch bei den Jesidinnen und Jesiden gab es eine dramatische Entwicklung.
Mittlerweile leben mehr Jesidinnen und Jesiden in Deutschland als in ihrer Herkunftsregion. Das führt dazu, dass wir alles tun müssen, um Menschen hier eine Zukunft zu geben. Aber wir brauchen auch eine Sicherheit und eine Zukunft in den Herkunftsregionen. Sonst werden diese Religionen verschwinden.
DOMRADIO.DE: Die Ampel hat in ähnlichen Bereichen eingespart, zum Beispiel im Religionsreferat vom Auswärtigen Amt. Denken Sie, Ihr Amt bleibt mit der neuen Bundesregierung bestehen?
Schwabe: Es war auch ein Ringen innerhalb der jetzigen Bundesregierung, dieses Amt zu etablieren. Ich habe Wert darauf gelegt, dass nicht nur meine Position gesichert wird, sondern dass wir insgesamt verstehen, dass es nicht darum geht, ob man selber religiös ist. Aber für die Mehrheit der Menschen auf der Welt, ist Religion ein wichtiges Thema. Es ist außenpolitisch und entwicklungspolitisch daher für uns bedeutsam.
Ich gehe davon aus, dass das Amt bleibt und dass es hoffentlich auch in der Ausrichtung erhalten bleibt, wie es jetzt ist. Ich würde gerne alles tun, um an eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger auch meine Ideen mit auf den Weg zu geben und ein Stück weit eine Kontinuität herzustellen.

DOMRADIO.DE: Am 15. Januar diskutieren Sie bei einem Podiumsgespräch von Missio und DOMRADIO.DE unter anderem mit Armin Laschet von der CDU und der Grünen-Abgeordneten Lamya Kaddor. Was erwarten Sie sich von dieser Diskussion?
Schwabe: Ich finde das spannend. Das sind zwei Politikerinnen und Politiker, die ich sehr schätze. Ich kenne sie gut aus unterschiedlichen Zusammenhängen. Daher weiß ich, dass wir gar nicht so weit auseinanderliegen. Für uns ist Religion ein wichtiges Thema. Wir haben großen Respekt vor anderen Religionen, vor anderen Auffassungen und auch voreinander.
Das Interview führte Carsten Döpp.