Bartholomaios I. wird 70 - Papst gratuliert

Patriarch auf schwerem Posten

Seit 1991 ist er als 270. Nachfolger des Apostels Andreas Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie: Bartholomaios I. Sein Bemühen gilt der Einheit der Weltorthodoxie und dem Dialog mit anderen. Ende Februar wird der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel 70 Jahre alt. Zu den ersten Gratulanten gehörte Papst Benedikt XVI.

Autor/in:
Bettina Dittenberger
 (DR)

In der am Sonntag von der Vatikanzeitung "Osservatore Romano" veröffentlichten Grußbotschaft erinnerte das katholische Kirchenoberhaupt insbesondere an die gemeinsame Feier des Hochfestes des Apostel Andreas in Istanbul während seiner Türkeireise 2006.

Der Papst äußerte sich zuversichtlich, dass beide Kirchen den Weg zu einer vollständigen Gemeinschaft mit Gottes Hilfe fortsetzten. Zuvor hatte schon der vatikanische Ökumene-Minister Kardinal Walter Kasper den "unermüdlichen Einsatz" des Patriarchen für die Zusammenarbeit zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche gewürdigt.

Würde und Gelassenheit
Einen Löffel voll Pistazienharz lässt Patriarch Bartholomaios I. gerne reichen, wenn er Besucher empfängt. Gelegentlich kommt es bei solchen Audienzen auch vor, dass er selbst aufsteht und aus einem Silberschälchen reihum Schokoladenplätzchen anbietet. Er hält die türkische Gastfreundschaft hoch, der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, der 270. Nachfolger des Apostel Andreas. Ende Februar wird er 70 Jahre alt; genauer am 29.

Würde und Gelassenheit strahlt der Geistliche mit dem langen weißen Bart aus; beide Eigenschaften kann er gebrauchen. Als spirituelles Oberhaupt von mehr als 300 Millionen orthodoxen Christen in aller Welt ist Bartholomaios I. zugleich Bürger eines zu 99 Prozent muslimischen Staates, der seiner christlichen Minderheit misstraut.

"Erster unter Gleichen" ist er als Patriarch von Konstantinopel unter den Oberhäuptern der orthodoxen Kirchen. Seit der Gründung der Republik vor 80 Jahren muss der Patriarch Türke sein - staatliche Bedingung für den Verbleib des Patriarchats in Istanbul, dem früheren Konstantinopel, wo es seit 1.700 Jahren ansässig ist.

Ausbildung auf Chalki vor Istanbul
Als Demetrios Archondonis wurde Bartholomaios I. am 29. Februar 1940 auf einer Ägäis-Insel geboren. Nur wenige orthodoxe Christen sind nach dem Ersten Weltkrieg in der Türkei verbliebenen. Eine Million Christen wurden 1923 aus Anatolien nach Griechenland umgesiedelt, es blieben nur 100.000 Orthodoxe in Istanbul und auf den türkischen Inseln. Ausschreitungen, Auswanderungen und Ausweisungen hatten diese Minderheit weiter dezimiert, als Bartholomaios zum Priester geweiht wurde. Nach Studien in Rom und München hatte er das traditionsreiche Priesterseminar auf der Insel Chalki vor Istanbul absolviert.

1971 ordnete Ankara die Schließung des Seminars an. Wie islamische Imame vom Staat ausgebildet, besoldet und kontrolliert werden, müsse auch die christliche Theologie dem Staat unterstehen, verlangt die Türkei bis heute. Weil die Kirche ihren Klerus nicht vom muslimischen Staat ausbilden lassen will, gibt es keinen türkischen Klerikernachwuchs. Als Bartholomaios 1991 zum Patriarchen gewählt wurde, durfte auf Chalki schon seit 20 Jahren nicht mehr ausgebildet werden; wenn das Priesterseminar nicht bald wieder öffnen darf, wird es in wenigen Jahren keinen orthodoxen Klerus von Konstantinopel mehr geben.

Die 2.000 bis 3.000 orthodoxen Christen in der Türkei wären davon betroffen - und mit ihnen die ganze orthodoxe Welt. Denn es obliegt dem Ökumenischen Patriarchen, Konzilien einzuberufen, um Grundsatzfragen der Orthodoxie zu klären oder innerkirchlichen Streit zu schlichten.

Annäherung zwischen Orthodoxie und Katholizismus
Bartholomaios I. setzt sich darüber hinaus für eine Annäherung zwischen Orthodoxie und Katholizismus ein. Die Kirchen hatten sich vor knapp 1.000 Jahren im Streit getrennt. Mit Papst Benedikt XVI., der ihn im Herbst 2006 besuchte, sorgte der Patriarch für eine Wiederaufnahme der Einigungsgespräche, die jahrzehntelang brach gelegen hatten.

So hoch angesehen der Patriarch in der Welt ist, so schwer ist seine Lage in der Türkei. "Wir lieben unser Land", versichert Bartholomaios I. immer wieder - aber das Misstrauen sitzt tief. "Istanbul ist türkisch, Patriarch hau ab", skandieren die nationalistischen Demonstranten, die alljährlich den Weihnachtsgottesdienst stören.

Er könnte der letzte Patriarch von Konstantinopel sein
Große Hoffnungen setzte Bartholomaios I. in die gemäßigt-islamische Regierung, die seit sieben Jahren an der Macht ist. Sie hat mehr Sympathien für die Forderung nach Religionsfreiheit als frühere Kabinette, doch sind ihr genau deswegen die Hände gebunden: Jedes Zugeständnis an die Christen wird vom laizistischen Establishment als Versuch ausgelegt, die staatliche Kontrolle über die Religion zu lockern, um einen islamischen Gottesstaat zu errichten.

Falls der Patriarch an dieser Ironie verzweifeln sollte, dann lässt er es sich nicht anmerken. Er hofft auf die Aufnahme der Türkei in die EU, für die er sich bei jeder Gelegenheit einsetzt - und auf Gott, der die Kirche nicht untergehen lassen werde. Sonst nämlich könnte Bartholomaios I. vielleicht der letzte Patriarch von Konstantinopel sein.