Barack Obama ist die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten sicher

Time for a change?

Der demokratische Senator Barack Obama hat die Nominierung zum ersten schwarzen Präsidentschaftskandidaten in der Geschichte der USA unter Dach und Fach. Der 46-Jährige übersprang in der Nacht bei Vorwahlen in South Dakota und Montana die notwendige Schwelle von 2118 Delegiertenstimmen. Kurz danach erklärte er sich zum Sieger des Vorwahl-Marathons gegen die frühere First Lady Hillary Clinton. US-Medienberichten zufolge erklärte sich Clinton bereit, für den Posten der Vizepräsidentin Obamas zu kandidieren.

Autor/in:
Adrienne Woltersdorf
 (DR)

In keinem US-Präsidentschaftswahlkampf zuvor spielte die persönliche Beziehung der Politiker zu Gott eine so zentrale Rolle wie im Wahljahr 2008. Erstmals machten auch die demokratischen Bewerber ihren Glauben zum öffentlichen Diskussionsgegenstand. Die Methodistin Hillary Clinton und ihr innerparteilicher Herausforderer Obama, Mitglied der protestantischen United Church of Christ, diskutierten eine ganze Talkshow lang zu diesen Fragen.

Ein Novum in den USA, wo bislang religiöse Rhetorik den Republikanern vorbehalten zu sein schien. Insbesondere nachdem der amtierende republikanische Präsident George W. Bush zweimal mit Unterstützung evangelikaler Wähler ins höchste Amt des Landes gelangt ist, haben auch viele Liberale erkannt, dass zahlreiche Wähler den Glauben eines Politikers als ausschlaggebend erachten.

Zünglein an der Waage
Für beide Kandidaten in spe könnten zudem religiöse Wählerschichten bei der Präsidentschaftswahl im November zum Zünglein an der Waage werden. Obama kann sich zwar auf die Stimmen afroamerikanischer Protestanten verlassen, aber um die weißen Katholiken des Landes wird er noch hart kämpfen müssen - das zeigten die jüngsten demokratischen Vorwahlen. Der Baptist John McCain seinerseits hat Schwierigkeiten mit der einflussreichen evangelikalen Basis seiner Partei. Die umwirbt er nun ebenso wie er hofft, bei den katholischen Wählern des Landes punkten zu können.

Obama antwortete kürzlich auf die Frage eines jungen Wählers, was Jesus für ihn bedeute: "Ich glaube Jesus Christus starb für meine Sünden. Durch seine Gnade kann ich das ewige Leben finden." Auch McCain, der in seiner 30-jährigen Politikerkarriere zuvor eher zögerlich über seinen Glauben gesprochen hatte, nennt Religion einen sehr wichtigen Teil in seinem Leben. Kürzlich sagte McCain bei einem Wahlkampfauftritt in Atlanta, dass es "schwerer und schwerer wird, die Arbeit des Herrn in der Stadt des Satans zu tun". Er spielte damit auf die Hauptstadt Washington an.

"Pfarrer-Problem"
In einem Wahlkampf, in dem sich Religion mit Parteipolitik vermischen, sind einflussreiche Prediger und Kirchenführer hilfreiche Verbündete der Politiker - aber auch leicht das Gegenteil. Sowohl Obama als auch McCain haben ein "Pfarrer-Problem".

Zunächst sah sich Obama im April genötigt, sich von seinem einstigen Pastor und Vertrauten Jeremiah Wright zu distanzieren. Von dem Prediger waren Videos aufgetaucht, in denen er gegen das weiße Amerika hetzte. Die Verbindung zu Wright hat Obama laut Meinungsumfragen schon zahlreiche Stimmen weißer Wähler gekostet.

Inzwischen sind Obama und seine Frau Michelle aus ihrer umstrittenen Kirche ausgetreten. Beide hätten die Entscheidung nicht leichten Herzens getroffen, die protestantische Trinity Church (Dreifaltigkeitskirche) in Chicago nach 20 Jahren zu verlassen, sagte Obama am Samstag nach einem Bericht des Fernsehsenders CNN. Er wolle aber nicht ständig für alles "zur Rechenschaft gezogen werden, was in der Kirche gesagt wird".

Die "Huren-Affäre"
Im Mai ereilte John McCain ein ähnliches Problem. Wieder waren es Videomitschnitte aus früheren Jahren, die plötzlich auftauchten und den Zorn der Öffentlichkeit erregten - dieses Mal vom Fernsehprediger John Hagee. Der Evangelikale hatte die katholische Kirche "die größte Hure" genannt und zudem den Holocaust als Teil eines göttlichen Plans bezeichnet, um die Juden zurück ins Land Israels zu bringen. McCain, der sich zuvor intensiv um die Unterstützung Hagees bemüht hatte, um evangelikale Wähler im Süden der USA zu erreichen, musste sich wie zuvor Obama von seinem Prediger distanzieren.

Bei aller Bedeutung von Religion und Glaube im Wahlkampf, gibt es auch kritische Stimmen. "In den letzen beiden Jahrzehnten hat sich in den USA auf dramatische Weise eine politische Kultur religiöser Parteilichkeit herausgebildet", sagt David Domke, Professor für Kommunikation an der University of Washington in Seattle. "Das wird dann als problematisch empfunden, wenn sich Politiker der Religion als Strategie-Instrument in ihrem Kampf um Macht und Einfluss bedienen."