Barack Obama geht vor Treffen mit Papst auf katholische Kirche zu

Die Wogen glätten

Schon bald nach seinem Amtsantritt wurde deutlich: In vielen Punkten unterscheidet sich die Politik Barack Obamas von Grundsätzen der Katholischen Kirche. In Punkten wie Schwangerschaftsabbruch und Stammzellforschung beispielsweise. Wenige Tage vor seinem geplanten Treffen mit Papst Benedikt XVI. in Rom will der US-Präsident nun offenbar Bedenken ausräumen.

Autor/in:
Roland Gerste
 (DR)

Er teile "tiefe Gemeinsamkeiten" mit dem Papst, bekannte Obama vor Reportern im Weißen Haus. Es gebe zwar auch einige ebenso tiefgreifende Differenzen. Kein Katholik werde jedoch gezwungen, an medizinischen Eingriffen oder Forschungen mitzuarbeiten, wenn sie ihm ethisch nicht zumutbar erschienen. Damit deutete der Präsident die Punkte an, die bei vielen katholischen Mitarbeitern im Gesundheits- und Forschungswesen für Gewissensbisse sorgen.

Konkret geht es um Schwangerschaftsabbruch und Stammzellforschung.
Letztere wird von Obamas Administration gefördert. Sein Vorgänger George W. Bush hatte bereits im ersten Amtsjahr die Bundesmittel für diese Technologie gestoppt und die Entscheidung bis zum Schluss beibehalten. In der Abtreibungsfrage unterstützt die jetzige Regierung die liberale Position, die der Oberste Gerichtshof 1973 vorgab: Abtreibungen sollen unter bestimmten Bedingungen nicht bestraft werden.

Obama betonte, vor Gewissensentscheidungen habe er unbedingten Respekt. Die ihm verantwortlichen Bundesbehörden würden diese "robust" unterstützen, versicherte er. Vor allem katholische Anbieter von medizinischen Dienstleistungen hatten seit Antritt der neuen demokratischen Regierung wiederholt die Sorge geäußert, Mitarbeiter könnten zu Handlungen gezwungen werden - und bei Weigerung aus Gewissensgründen ihre Jobs gefährden.

Treffen nach G-8-Gipfel
Die Sprecherin der Katholischen Gesundheitsvereinigung, Carol Keehan, begrüßte am Freitag laut "Washington Post" Obamas Bekenntnis. Die Äußerungen erfüllten sie mit Dankbarkeit. Die Vereinigung repräsentiert rund 1.600 katholische Kliniken und andere medizinische Einrichtungen. Mit diesen Lorbeeren dürfte Obama einige Wogen zwischen seiner Regierung und dem Vatikan geglättet haben. Der Präsident trifft den Papst nach seiner Teilnahme am G-8-Gipfel im italienischen L'Aquila.

Derweil hat Obama nach wie vor ein ganz anderes Problem mit der Kirche - ein logistisches. Der Präsident und seine Familie haben sich auch knapp ein halbes Jahre nach Einzug in die bekannteste Adresse der USA immer noch nicht entschieden, wo sie künftig den Gottesdienst besuchen. Die traditionelle "Kirche der Präsidenten" ist die episkopalische St. John´s Church am Lafayette Square, direkt gegenüber dem Weißen Haus. Das schön restaurierte Gotteshaus hat vielen Präsidenten als Ort für ihre Gebete gedient, darunter auch dem Katholiken John F. Kennedy.

Doch eine Andacht, die Obama dort zusammen mit seiner Frau Michelle und den beiden Töchtern kurz vor seiner Amtseinführung besuchte, führte zu einem riesigen Medienrummel. Daraufhin erklärte der Präsident künftige Besuche zur Gefahr für Ruhe und Einkehr der Gemeindemitglieder und die ordentliche Durchführung von Gottesdiensten. Jetzt schwebt der Familie eine Art Rotationsprinzip vor: Wahrscheinlich wird sie abwechselnd verschiedene Kirchen in Washington aufsuchen, um den Pressewirbel gleichmäßig zu verteilen.