US-Präsident Obama trifft am 10. Juli den Papst im Vatikan

Politische Gemeinsamkeiten und ethische Differenzen

Endlich ist es offiziell: Am Rande des G-8-Gipfels in Italien kommt US-Präsident Barack Obama am 10. Juli zu seiner ersten Begegnung mit Papst Benedikt XVI. in den Vatikan. Das Weiße Haus bestätigte am Mittwoch den Termin, der zuvor bereits im Vatikan kursierte. Ein breites Spektrum von Themen soll bei der Antrittsaudienz zur Sprache kommen. Der Vatikan sieht der Begegnung mit dem neuen Mann im Weißen Haus mit großer Spannung entgegen - schließlich gibt es vor allem bei ethischen Themen deutliche Meinungsverschiedenheiten.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

In seinem Glückwunschtelegramm am 5. November hatte Benedikt XVI. die Wahl Obamas als «historisch» bezeichnet. Er versicherte ihn seines Gebets, damit er zum Aufbau einer Welt in «Frieden, Solidarität und Gerechtigkeit» beitrage.

Gerade in politischen Fragen wie Frieden, Abrüstung oder Ökologie bestehen zwischen dem Heiligen Stuhl und der neuen US-Regierung weite Übereinstimmungen - anders als mit der Bush-Administration. Besonders setzt man auf die Friedensbemühungen Obamas für den Nahen Osten, der für die Vatikan-Diplomaten ganz oben rangiert. Sicher werden eine gerechte und dauerhafte Friedenslösung zwischen Israelis und Palästinensern samt Zwei-Staaten-Regelung, aber auch die Lage der Christen im Heiligen Land bei der Unterredung eine Rolle spielen.

Weniger Gemeinsamkeiten mit Obama zeichnen sich dagegen bei ethischen Themen ab. In Fragen von Abtreibung, Stammzellforschung oder sogenannter Homoehe standen sich der Vatikan und George W. Bush deutlich näher. Schon im Wahlkampf hatten US-Bischöfe deutliche Kritik an den Positionen der Demokraten bekundet. Daher hatte die positive Bilanz des «Osservatore Romano» über die ersten hundert Tage Obamas im Amt auch innerhalb des Vatikan für Verwunderung gesorgt.

Benedikt XVI. wie auch Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone werden im Gespräch mit Obama ihre Positionen in aller Offenheit vortragen. Dass der Vatikan auch gegenüber Größen der Weltmacht kein Blatt vor den Mund nimmt, zeigte bereits die Begegnung des Papstes mit der Katholikin Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Repräsentantenhauses. Sie erhielt keine Einzelaudienz, sondern nur eine kurze Begegnung am Rand der wöchentlichen Generalaudienz.

Anschließend verzichtete das Vatikan-Kommunique auf diplomatische Höflichkeitsfloskeln. Der Papst habe die Gelegenheit genutzt, um die Erfordernisse des Naturrechts und der kirchlichen Lehre über die Würde des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod deutlich zu machen. Diese verpflichteten alle Katholiken, vor allem Politiker und Gesetzgeber, für den Schutz des Lebens in allen Stationen einzutreten, hieß es damals lapidar.

Der Vatikan setzt hohe Erwartungen in die Weltmacht USA. Er schätzt den dort traditionell hohen Stellenwert von Religion und Glaube sowie die Ideale von Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Menschenwürde. Darüber und auch über gemeinsame Werte wird Benedikt XVI. sicher im Vier-Augen-Gespräch mit Obama reden. Er wird dabei einbeziehen, dass die katholische Kirche in den USA nach einem Stimmungstief im Zuge der Missbrauchsskandale zuletzt wieder an Selbstbewusstsein gewonnen hat. Und diese Ortskirche setzt auf römischen Rückenhalt. Mit seiner USA-Reise im April 2008 gewann Benedikt XVI. in der amerikanischen Öffentlichkeit und gerade bei den US-Katholiken deutlich an Sympathie.

Beobachter sind gespannt, wie die erste Begegnung des 82-jährigen katholischen Kirchenoberhaupts aus Bayern mit dem 47-jährigen afroamerikanischen, protestantischen US-Präsidenten verläuft. Trotz Differenzen um den Irak-Krieg war der Kontakt der Päpste zum Republikaner George W. Bush auffallend freundlich, ebenso zuvor zu Ronald Reagan. Dagegen waren die Differenzen des Heiligen Stuhls zu dem Demokraten Bill Clinton, der seinerzeit in Sachen Bioethik und Abtreibung eine ähnliche Agenda verfolgte wie jetzt Obama, unübersehbar.