Bamberger Missbrauchsverdächtiger war auch in Bolivien

Schwere Versäumnisse der Bistumsleitung

Die Missbrauchsvorwürfe gegen einen bereits verstorbenen Priester aus dem Erzbistum Bamberg weiten sich aus. Trotz eines Vorwurfs sei der Geistliche zweimal in Bolivien eingesetzt gewesen. Weitere Betroffene sollen sich melden.

Archiv des Erzbistums Bamberg / © Dominik Schreiner (KNA)
Archiv des Erzbistums Bamberg / © Dominik Schreiner ( KNA )

Es haben sich mittlerweile drei weitere Personen zusätzlich zu den bereits fünf bekannten Betroffenen gemeldet, die dem 2005 verstorbenen Geistlichen Taten vorwerfen, wie das Erzbistum am Montag bekanntgab.

Zudem erklärte das Ordinariat, dass der Priester zwei Mal in Bolivien eingesetzt gewesen sei, erstmals ein Jahr nach einem ersten Vorwurf im Jahr 1963, ein weiteres Mal 1996, nachdem er abrupt eine Gemeinde wegen Unstimmigkeiten mit dem Pfarrgemeinderat verlassen habe.

Bamberger Dom / © Andreas Zerndl (shutterstock)

Nach den ersten Vorwürfen habe der Priester Entschuldigungsbriefe an den damaligen Erzbischof Josef Schneider und Weihbischof Johannes Lenhardt geschrieben. Zuvor habe man den Geistlichen zur Besinnung und Umkehr in die Benediktinerklöster Niederaltaich und Münsterschwarzach geschickt. Nach fünf Jahren im Apostolischen Vikariat Nuflo de Chavez wechselte der Geistliche laut Mitteilung zurück ins Erzbistum. Er war dann 25 Jahre im Frankenwald tätig, von wo aus nun die Vorwürfe erneut aufgegriffen wurden.

Nachlassakten aus Privatbesitz übergeben

Im Jahr 1999 habe es abermals einen Vorwurf gegeben, so das Ordinariat weiter. Die Überprüfung sei schwierig gewesen, weil der Geistliche sich in Bolivien aufgehalten habe. Zuvor seien seit 1964 keine Vorwürfe in den Akten des Bistums dokumentiert. Dies sei alles auch in der bundesweiten Missbrauchsstudie der Bischofskonferenz dokumentiert worden. Im April seien nun aus dem Privatbesitz Nachlassakten des Priesters ans Diözesanarchiv übergeben worden. "In diesem finden sich Tagebuchaufzeichnungen, aus denen Missbrauch von Jugendlichen hervorgeht."

Ludwig Schick, Erzbischof von Bamberg, im Gebet / © Harald Oppitz (KNA)
Ludwig Schick, Erzbischof von Bamberg, im Gebet / © Harald Oppitz ( KNA )

Erzbischof Ludwig Schick, der 2003 den damals 70-jährigen Priester in den Ruhestand versetzte, erklärte, er habe erst nach dessen Tod 2005 von den Vorwürfen gehört. Nach den heutigen Richtlinien habe es schwere Versäumnisse der Bistumsleitung gegeben. Auch wenn den Akten keine Hinweise auf strafrechtliche Schritte zu entnehmen seien, sei es aus heutiger Sicht unvorstellbar, dass ein Priester, dem solche Vorwürfe gemacht wurden, nicht aus dem Dienst genommen und zumindest kirchenrechtlich bestraft worden sei. Der Geistliche hätte nach 1963 nicht mehr als Kaplan und Gemeindepfarrer eingesetzt werden dürfen, betonte Schick.

Weitere Betroffene sollen sich melden

Sein Mitgefühl gelte den Betroffenen, so der Erzbischof weiter. Er habe bereits persönliche Gespräche geführt und stehe dafür weiter zur Verfügung. Schick hatte die Betroffenen zudem mehrfach um Vergebung gebeten, auch für das Versagen der Bistumsleitung.

Das Erzbistum bat am Montag erneut darum, dass sich weitere Betroffene des Geistlichen melden sollten. In der Mitteilung werden alle acht Einsatzorte genannt, in denen der Pfarrer im Erzbistum tätig war. Auch zwei Diözesen in Bolivien seien informiert und Anfragen an sie gerichtet worden.

Studie: Pflichtverletzungen des Bistums Osnabrück bei Missbrauch

Auch im Bistum Osnabrück haben Bischöfe und andere Verantwortliche jahrzehntelang nicht angemessen auf Hinweise zu sexuellem Missbrauch reagiert. Dies belegt eine Studie der Universität Osnabrück, die nun vorgestellt wurde. Zudem seien die Rechte Betroffener bis in die jüngste Zeit oft verletzt worden.

In den vergangenen Jahren habe es aber nur noch wenige Verstöße gegen Pflichten des Bistums gegeben.

Sonnenschein am Dom zu Osnabrück / © Nicolas Ottersbach (DR)
Sonnenschein am Dom zu Osnabrück / © Nicolas Ottersbach ( DR )
Quelle:
KNA