SPD-Politiker fordert einheitliche Missbrauchsstudie

Bisheriges Vorgehen sei "verrückt"

Die SPD im Bundestag fordert eine neue einheitliche Missbrauchs-Studie der katholischen Kirche in Deutschland. Den bisherigen Weg, dass jedes Bistum seine eigene Studie veröffentliche, halte er für "verrückt", sagte Lars Castellucci.

 Übergabe der Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster
 / © Lars Berg (KNA)
Übergabe der Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster / © Lars Berg ( KNA )

Der religionspolitische Sprecher der SPD-Fraktion äußerte sich am Montag in einem Interview des WDR. Der Vorstoß kommt unmittelbar vor der Vollversammlung der Bischöfe in Fulda, die sich auch mit dem kircheninternen Umgang mit sexuellem Missbrauch befasst.

Lars Castellucci (privat)
Lars Castellucci / ( privat )

Die Bischofskonferenz hatte vor vier Jahren die sogenannte MHG-Studie zum Missbrauch in der katholischen Kirche vorlegt. Allerdings war diese anonymisiert, was eine Nachverfolgung in den einzelnen Bistümern unmöglich machte. Deshalb begannen die Bistümer eigene Studien in Auftrag zu geben, in der vergangenen Woche wurde die Studie aus dem Bistum Osnabrück vorgestellt.

Politik sei nachlässig gewesen

Castellucci zeigte sich in dem Interview zugleich selbstkritisch. Die Politik sei zu nachlässig gewesen mit den Kirchen und habe ihnen zu sehr vertraut. Diese versuchten, die jahrzehntelange sexualisierte Gewalt von Geistlichen an Kindern und Jugendlichen und deren Vertuschung selbst aufzuarbeiten. Der Staat habe sie machen lassen.

Wie Aufarbeitung aussehen soll, sei eigentlich längst geregelt, sagte Castellucci. Die unabhängige bundesweite Aufarbeitungskommission habe Richtlinien erarbeitet. Die könnten nun mit einem neuen Gesetz bindend werden. Falls sich die Institutionen nicht daran hielten, könnten Strafzahlungen eine Konsequenz sein. Diese Zahlungen könnten dann in eine Stiftung fließen, eine Art Opfergenesungswerk.

Einen ähnlichen Weg hatte der Sprecher des Eckigen Tisches, Matthias Katsch, vorgeschlagen, der auch Mitglied der Aufarbeitungskommission ist. Die katholische Kirche hatte sich vor zwei Jahren auf Standards zur unabhängigen Aufarbeitung zusammen mit dem früheren Missbrauchsbeauftragten Johann-Wilhelm Rörig verständigt und eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet.

Missbrauchsbeauftragten gesetzlich verankern

Derzeit wird im Familienministerium ein neues Gesetz erarbeitet, dass das Amt des Missbrauchsbeauftragten gesetzlich verankern soll, dazu soll auch eine Berichtspflicht im Bundestag gehören. Seit dem 1. April hat Kerstin Claus das Amt inne. Auch die Stellung der Aufarbeitungskommission soll aufgewertet werden. SPD, Grüne und FDP hatten das im Koalitionsvertrag vereinbart.

Claus selbst sagte dem WDR, das Thema sexuelle Gewalt gehöre in die Mitte des Parlaments. Sie forderte außerdem, dass jede und jeder Betroffene das Recht bekommt, im Kirchenarchiv oder anderswo zu recherchieren. Es dürfe nicht mehr passieren, dass Betroffene vor Mauern des Schweigens rennen.

Auf Anfrage des WDR betonte die Bischofskonferenz, sie befinde sich mit Claus im Gespräch. Am vergangenen Montag hatte es ein Treffen mit den unabhängigen Aufarbeitungskommissionen in den einzelnen Bistümern und Claus gegeben. Bei der nun beginnenden Vollversammlung wollen die Bischöfe auch darüber beraten, wie die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs künftig aussieht. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann gibt das Amt des Beauftragten nach zwölf Jahren ab.

Deutsche Bischofskonferenz

Die Deutsche Bischofskonferenz ist der Zusammenschluss der katholischen Bischöfe in Deutschland. Sie leiten als Ortsbischöfe eines der 27 Bistümer oder unterstützen als Weihbischöfe. Insgesamt gehören ihr derzeit 67 Mitglieder an.

Ebenfalls zur Konferenz gehören - auch wenn sie nicht Bischöfe sind - Diözesanadministratoren, die ein Bistum nach Rücktritt oder Tod eines Ortsbischofs übergangsweise verwalten.

Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA