Domdechant Kleine zur Weihnachtsmarktabsage am Kölner Dom

Ausfall ist besser als Hotspot

Traurige Nachricht für so manchen Kölner und Touristen: Der Weihnachtsmarkt am Kölner Dom wird in diesem Jahr nicht stattfinden. Wie denkt der Kölner Domdechant Robert Klein​e über den Ausfall des "Budenzaubers" vor seiner "Haustür"?

In diesem Jahr wird es keinen Weihnachtsmarkt am Kölner Dom geben / © picturetom (shutterstock)
In diesem Jahr wird es keinen Weihnachtsmarkt am Kölner Dom geben / © picturetom ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Seit 1995 gibt es den Weihnachtsmarkt am Kölner Dom. Waren Sie damals beim ersten Mal dabei?

Monsignore Robert Kleine (Kölner Stadt- und Domdechant): Leider nicht. Ich weiß nicht mehr genau, ob ich irgendwann auf dem Markt war, aber nicht bei der Öffnung. Da war ich gerade zwei Jahre Priester und Kaplan in Bad Honnef. Da gab es nur an einem Wochenende einen Weihnachtsmarkt.

DOMRADIO.DE: Können Sie die ganzen Besucher und auch die Händler, die nun kein Geld auf dem Markt verdienen können, irgendwie trösten?

Kleine: Schwerlich. Der Weihnachtsmarkt ist etwas, was im Advent stattfindet, Weihnachtsmarkt genannt wird und gerade bei uns in Deutschland eine Tradition ist. Deshalb kommen auch viele Touristen aus dem benachbarten Ausland. Es ist auch ein Wirtschaftsfaktor.

Wenn da Händler in den geschmückten Buden unter dem großen Tannenbaum stehen, dann ist das natürlich mit der Kulisse des Kölner Doms eine sehr schöne Atmosphäre. Ich kann verstehen, dass sehr viele Menschen dorthin kamen. Die sind nun traurig.

Aber natürlich denke ich vor allem an die Händler und an die Organisatoren, die jetzt, wie viele andere in dieser Corona-Zeit, keine Einnahmen haben und sicherlich auch krebsen werden. Wir kennen das schon von ganz vielen Kirmes- und Schützenfesten, die abgesagt wurden.

Auch da trifft die Pandemie die Schausteller und alle, die normalerweise mit Märkten unterwegs sind, ganz besonders. Da muss man schauen, wie diesen Menschen Hilfe zu Gute kommt und wie sie auch Unterstützungsgelder seitens des Staates bekommen. Aber das wird sicherlich in den Blick genommen.

DOMRADIO.DE: Wir haben jetzt auch keine belegten Hotelbetten, ausgebuchte Restaurants und sonstige Konsumgeschäfte. Wie relevant ist oder war der Weihnachtsmarkt am Kölner Dom für diesen Aspekt?

Kleine: Nach dem Tourismus im Sommer, bei dem normalerweise viele Gruppen und auch Kreuzfahrtschiffe nach Köln kommen und Städtetouren geplant sind, und dem Herbst, in dem es noch Ausflüge gab, war natürlich der Advents- oder Weihnachtsmarkt in Köln für die Gastronomie und das Hotelgewerbe nochmal ein besonderer Akzent, bevor es dann nach Silvester ins nächste Jahr hinüber ging.

Wir müssen aber auch schauen, wie es überhaupt mit dem Karneval aussehen wird. Man muss, glaube ich, sagen, dass für all diese Wirtschaftszweige, die auch auf Tourismus setzen, dieses Pandemiejahr 2020/21 als ein sehr furchtbares in die Annalen eingehen wird.

DOMRADIO.DE: Heute soll geschaut werden, was mit den anderen Märkten geschieht. Immerhin haben wir in Köln jede Menge große und kleine Weihnachtsmärkte. Falls diese in Köln komplett abgesagt werden, wird das wohl auch bundesweit eine Signalwirkung haben. Ist eigentlich dieses ganze Geschäft mit Weihnachts- oder Adventsmärkten für die Kirche wirklich ein Thema?

Kleine: Direkt natürlich nicht. Wir feiern Advent. Der Advent ist einfach eine Vorbereitungszeit, eine stillere Zeit. Es gibt auch Adventsmarkt in einigen Städten, die so genannt werden. Hier sind es traditionell die Weihnachtsmärkte. Es nützt auch nichts, dagegen zu schimpfen. Das ist eine Tradition.

Ich bin dann auch gerne mal auf einem Weihnachtsmarkt und trinke einen Glühwein. Aber uns ist als Kirche natürlich wichtig, dass Advent auch Advent ist. Das feiern wir in den Kirchen, versuchen es auch sonst deutlich zu machen. Da singen wir auch in Konzerten Adventslieder, es ist noch nicht Weihnachten.

Am 25. Dezember ist dann Weihnachten, da beginnt für uns die Weihnachtszeit. Das ist die kirchliche Sicht. Aber natürlich hat sich da etwas entwickelt. Wir haben hier am Dom zum Beispiel eine gute Tradition gehabt, dass wir immer samstags nachmittags einen kleinen Impuls mit einem Stern auf der Bühne des Weihnachtsmarktes gesetzt haben, dem Stern von Bethlehem.

Wir haben gesagt: Guckt mal bei dem ganzen Rummel hier und bei dem Glühwein in der Hand, erzählen wir euch mal, was Weihnachten geschieht, warum auf dem Dom ein Stern ist und dass ein Kind geboren wurde. Und auch diese Tradition wird dann ja leider entfallen.

DOMRADIO.DE: Der Roncalliplatz am Kölner Dom wird also in der Adventszeit voraussichtlich ganz leer sein. Will man denn da nicht was anderes anbieten?

Kleine: Vielleicht wird ja im Kleinen etwas angeboten. Aber ich sehe nicht das Stadtdekanat oder den Kölner Dom als Veranstalter eines alternativen Weihnachtsmarktes. Die Gründe, die für die Absage sprachen, die ja von der Betreiberin des Weihnachtsmarktes selbst benannt wurden, sind die: Wir können noch nicht ahnen, wie das im Dezember mit der Pandemie und den Zahlen sein wird.

Wenn die Regelung bleibt, wie will ich an einem Glühweinstand 1,50 Meter nach allen Seiten einhalten? Oder, wie will ich dafür sorgen, dass die Leute mit Glühwein nicht anfangen, sich zu umarmen oder, dass sich große Trauben bilden? Der Veranstalter, hier das Dekanat und der Dom, ist dann dafür verantwortlich, dass die Leute den Abstand einhalten.

Das haben wir bei der Fronleichnamsprozession erlebt. Wir waren dafür verantwortlich, dass die Leute immer den Abstand einhalten. Das kann man gar nicht garantieren. Dann ist es besser, dass es keine Hotspots gibt und dass ein Weihnachtsmarkt dann mal ausfällt. Wir haben ja die Zuversicht, dass spätestens im Laufe des nächsten Jahres alle Feste - von Schützenfest bis zum Weihnachtsmarkt - hoffentlich wieder möglich sind.

DOMRADIO.DE: Vielleicht könnte man auch in dem offenen Hof der Kölner Dombauhütte mit kontrolliertem Einlassen eine kleine Andacht machen und dazu ein Gläschen Eierpunsch trinken.

Kleine: (lacht) Für die Andacht stehe ich gerne bereit, wenn Sie den Punsch austeilen. Aber noch einmal: Wir werden natürlich Advent feiern wie bisher. Weihnachten findet auch statt.

Da an Weihnachten die meistbesuchten Gottesdienste stattfinden und es natürlich auch ein sehr wichtiges Fest unseres Glaubens ist - das zweitwichtigste nach Ostern -, müssen wir natürlich auch gucken, wie wir das mit den Christmetten gut hinbekommen.

Da wird auch schon in den Generalvikariaten und Bistümern überlegt, weil die Menschen natürlich zur Christmette kommen wollen und auch sollen. Das findet alles statt. Und vielleicht kann man auch in einer Gaststätte oder zu Hause einen Glühwein trinken. Aber auch da: An den Abstand denken!

Das Interview führte Uta Vorbrodt. 

 

Domdechant Robert Kleine / © Beatrice Tomasetti (DR)
Domdechant Robert Kleine / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR