Auch geschiedene Familienväter können Priester werden

"Nach Kirchenrecht gar nicht verheiratet"

Geschieden, Vater von zwei Kindern und trotzdem rechtmäßig zum Priester geweiht? Das ist jetzt im Bistum Regensburg geschehen. Kirchenrechtler Bier erklärt, warum für die Kirche eine standesamtliche Ehe kein Weihehindernis sein muss.

Priesterweihe im Petersdom / © Paolo Galosi (KNA)
Priesterweihe im Petersdom / © Paolo Galosi ( KNA )

DOMRADIO.DE: Es geht konkret um einen ehemaligen Friseur, der nach seiner standesamtlichen Ehe wieder geschieden wurde und nun Priester ist. Welche Bedeutung hat denn eine standesamtliche Hochzeit für die katholische Kirche?

Georg Bier, Theologe und Professor für Kirchenrecht an der Universität Freiburg, am 25. März 2021 in seinem Büro zu Hause in Kenzingen / © Andree Kaiser (KNA)
Georg Bier, Theologe und Professor für Kirchenrecht an der Universität Freiburg, am 25. März 2021 in seinem Büro zu Hause in Kenzingen / © Andree Kaiser ( KNA )

Prof. Dr. Georg Bier (Lehrstuhl für Kirchenrecht und Kirchliche Rechtsgeschichte an der Uni Freiburg): Wenn es um Katholiken und die Eheschließung von Katholiken geht, dann ist eine standesamtliche Eheschließung regelmäßig nicht ausreichend, um eine kirchenrechtlich gültige Ehe zu begründen. Ein Katholik, der nur standesamtlich verheiratet wäre, wäre in der Regel nicht gültig verheiratet. Und wenn das hier für diesen Priester so sein sollte, dann war er nach Kirchenrecht überhaupt gar nicht verheiratet.

DOMRADIO.DE: Gilt also jemand, der standesamtlich geheiratet hat und sich dann auch scheiden lässt und vielleicht Kinder hat als unverheiratet?

Prof. Dr. Georg Bier

"Die Scheidung spielt hier keine Rolle, sie wird von katholischer Seite sowieso nicht anerkannt!"

Bier: So ist das. Wobei die Scheidung hier keine Rolle spielt, sie wird von katholischer Seite sowieso nicht anerkannt. Wenn es eine gültige Ehe wäre, würde die Scheidung nichts an der Gültigkeit der Ehe ändern und wenn es überhaupt gar keine Ehe ist, ist sie irrelevant.

DOMRADIO.DE: Verheiratet zu sein gilt in Bezug auf die Priesterweihe als sogenanntes einfaches Weihehindernis. Was heißt das?

Bier: Das heißt, dass zunächst einmal jemand, der verheiratet ist, die Weihe nicht empfangen kann. Er kann sie also nicht erlaubt empfangen. Würde er trotzdem geweiht, wäre die Weihe allerdings gültig, aber er kann sie nicht erlaubt empfangen. Aber es handelt sich um ein Hindernis, von dem befreit werden kann, von dem dispensiert werden kann, sodass im Falle einer solchen Befreiung dann auch eine Heirat kein Grund wäre, jemanden nicht zu weihen.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet das für den Kandidaten selber? Ist das viel Papierkram oder worum geht es da, wenn man das dann doch möchte?

Prof. Dr. Georg Bier

"Ausnahmen gibt es dann, wenn verheiratete Männer aus anderen christlichen Kirchen zur katholischen Kirche übertreten."

Bier: In der Regel wird in der katholischen, in der lateinischen Kirche ein verheirateter Mann nicht geweiht. Ausnahmen gibt es dann, wenn verheiratete Männer aus anderen christlichen Kirchen zur katholischen Kirche übertreten und in ihrer Gemeinschaft bereits Priester waren oder eine priesterähnliche Funktion ausgefüllt haben. Wenn die dann konvertieren, dann können sie - müssen nicht - in der katholischen Kirche geweiht werden, obwohl sie verheiratet sind und obwohl sie verheiratet bleiben dürfen. Das ist so der Regelfall, bei dem von diesem Erfordernis des Unverheiratetseins dispensiert wird.

DOMRADIO.DE: Jetzt wird in der katholischen Kirche im Augenblick ja auch sehr viel über den Zölibat diskutiert. Ganz so dogmatisch, wie ihn manche aufgreifen, ist die priesterliche Ehelosigkeit dann wohl doch nicht. Warum wird denn dann so eisern daran festgehalten?

Bier: Aus disziplinaren Gründen. Die katholische Kirche könnte diese Disziplinarvorschrift jederzeit ändern. Das ist ja auch diskutiert worden im Kontext der Amazonassynode vor mehr als zwei Jahren. Die Bischöfe haben sich ja auch dafür ausgesprochen, dass man diese Möglichkeit erwägen soll. Der Papst hat aber entschieden, dass er das vorerst noch nicht tun möchte. Es ist eine eine Vorgabe der disziplinarischen Seite und man könnte das auch anders machen, hält es aber seitens des Papstes, seitens der Leitung der Kirche, derzeit nicht für opportun.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Zahlen und Fakten zur Priesterausbildung in Deutschland

Die katholischen Bischöfe haben eine Debatte über die Priesterausbildung und ihre Standorte in Deutschland angestoßen. Einige Daten:

Nach Angaben des Katholisch-Theologischen Fakultätentags bestehen in Deutschland insgesamt 18 Theologische Fakultäten beziehungsweise Fachbereiche an staatlichen Universitäten oder in kirchlicher Trägerschaft. Dazu kommen 33 Institute für Katholische Theologie zur Ausbildung von Religionslehrern an staatlichen Hochschulen.

Symbolbild Unterricht im Priesterseminar / © Maria Irl (KNA)
Symbolbild Unterricht im Priesterseminar / © Maria Irl ( KNA )

 

Quelle:
DR