Auch 24 Jahre nach Tschernobyl ist die Atomkraft stark in der Kritik

Das Spiel mit dem Feuer

Zum 25. Mal jährt sich in diesem Jahr der Gau von Tschernobyl. Es war der bisher schwerste Unfall in der zivilen Nutzung der Atomkraft. "Die Folgen sind bis heute spürbar", sagt Bernhard Hallermann von Caritas International gegenüber domradio.de. Aber nicht nur vor Ort. Weltweit ist die Katastrophe bis heute Sinnbild für die Unberechenbarkeit der Atomtechnologie.

Autor/in:
Michael Borgers
 (DR)

"Nach Tschernobyl kann doch niemand mehr von einer umweltfreundlichen Energieerzeugung sprechen", sagte der Eichstätter Bischof Gregor Maria. "Der Mensch kann diese Technologie nie vollständig im Griff haben", sagt Hanke. "Atomkraft ist ein gefährliches Spiel mit dem Feuer." Deshalb plädiert der für sein ökologisches Engagement bekannte katholische Bischof für einen schnellen und vollständigen Ausstieg aus der Kernkraft.

Und nicht nur er. Mit einem aufblasbaren Atomkraftwerk protestierten am Montag, dem Jahrestag des Unglücks vom 26. April 1986, die Grünen in Stuttgart gegen längere Laufzeiten für Kernkraftwerke protestiert. "Heute, 24 Jahre nach dem Supergau von Tschernobyl, sollten gerade solche Schrottreaktoren wie Neckarwestheim I und Biblis abgeschaltet werden", forderte der Bundestagsabgeordnete Alexander Bonde auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

Bereits am Wochenende gab es in Deutschland Massenproteste gegen Kernenergie. Im gesamten Bundesgebiet demonstrierten über 135.000 Menschen gegen eine weitere Nutzung der Atomkraft. Im westfälischen Ahaus fand die seit den Castor-Protesten 1998 größte Anti-Atom-Demo in NRW statt, an der nach Polizeiangaben rund 4.700 AKW-Gegner teilnahmen. In Norddeutschland bildeten rund 120.000 Menschen eine 120 Kilometer lange Menschenkette vom Kernkraftwerk Krümmel zum Meiler Brunsbüttel.

Europaweites Erinnerungsprojekt
Ein europaweites Projekt will die Erinnerung an die Tschernobyl-Reaktorkatastrophe vor 25 Jahren bewahren. Dafür sollen erstmals systematisch Lebensgeschichten von Zeitzeugen und die Geschichte der mehr als 400 vernichteten Dörfer dokumentiert werden, teilte das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk (IBB) bereits am Freitag mit. Auftakt dazu war eine in Dortmund gestartete Veranstaltungsreihe, die am 25. Jahrestag des Tschernobyl-Unglücks am 26. April 2011 in Berlin enden soll. Die Reihe steht unter dem Motto "25 Jahre nach Tschernobyl - Wege zu einer transnationalen Erinnerungskultur".

"Tschernobyl ist für uns nicht nur ein Synonym für eines der größten Unglücke, sondern markiert auch den Start einer Energiewende und einer einzigartigen europäischen Solidaritätsbewegung", sagte Peter Junge-Wentrup, Geschäftsführer der IBB Dortmund. Das Projekt arbeite gegen das Verdrängen und Verschweigen und biete unter anderem Veranstaltungen mit über 50 Zeitzeugen, Internetseminare für junge Erwachsene und Wanderausstellungen.

Im ukrainischen Tschernobyl hatte sich am 26. April 1986 der bisher schwerste Unfall in der zivilen Nutzung der Atomkraft ereignet. Der Reaktor vier des dortigen Atomkraftwerks explodierte nach einem fehlgeschlagenen Experiment. Dabei wurden mehrere Tonnen radioaktives Material freigesetzt. Unter den Folgen der radioaktiven Verstrahlung leiden zahlreiche Menschen bis heute.