120.000 Menschen protestieren in Norddeutschland - 10.000 Demonstranten in Biblis

Menschenkette gegen Atomkraft

Massenprotest gegen Kernenergie: In Norddeutschland haben am Samstag nach Polizeiangaben rund 120.000 Menschen gegen eine weitere Nutzung der Atomkraft demonstriert. Sie bildeten eine 120 Kilometer lange Menschenkette vom Kernkraftwerk Krümmel zum Meiler Brunsbüttel.

 (DR)

Gleichzeitig versammelten sich laut Polizei rund 10.000 Menschen im hessischen Biblis. Sie umzingelten den 1974 ans Netz gegangenen, ältesten deutschen Atommeiler Biblis A und den benachbarten Block B. Die Kernkraftgegner protestierten vor allem gegen die Pläne der Bundesregierung, die Laufzeiten von Atomkraftwerken zu verlängern.

SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte die Menschenkette in Schleswig-Holstein und Hamburg einen «Riesenerfolg». Der von der Bundesregierung geplante Wiedereinstieg diene nicht dem Allgemeinwohl, sondern den Interessen der vier großen Atomkonzerne. Gabriel forderte eine ergebnisoffene Suche nach einem geeigneten atomaren Endlager. Die Festlegung auf Gorleben sei ein Fehler.

Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Katrin Göring-Eckardt, sagte in Brunsbüttel, die hohe Beteiligung an der Menschenkette zeige, dass vielen Menschen der Atomausstieg «eine Herzensangelegenheit» sei. Die Bewahrung der Schöpfung sei ein bleibender Auftrag Gottes und keine Verhandlungsmasse. Es müsse Schluss sein mit dem «Quatsch von der Brückentechnologie», fügte die Grünen-Politikerin hinzu. Atomkraft sei eine Brücke in die Vergangenheit - ohne Geländer und mit maroden Brückenpfeilern.

«Wir sind wieder da - bunter und vielfältiger als jemals zuvor», sagte Jochen Stay von den Veranstaltern der Menschenkette. Anders als bei früheren Aktionen hätten sich auch Vertreter der Wirtschaft beteiligt, darunter der kommunalen Stadtwerke und der Erneuerbaren Energien.

In Biblis sprachen die Initiatoren des Protestes von der größten Anti-Atomdemo in dem hessischen Ort seit 1988. Die Demonstranten erinnerten bei der Aktion auch an die Opfer der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, die sich am kommenden Montag, dem 26. April, zum 24. Mal jährt.

Zu der Demonstration in Biblis hatte der Trägerkreis «Atomkraft abschalten» aufgerufen. Ihm gehören Bürgerinitiativen und Umweltgruppen aus Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Baden-Württemberg und Nordbayern an. Unterstützt wurde die «Umzingelung» auch von Gewerkschaften, Parteien, dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac und den Ärzten gegen den Atomkrieg (IPPNW).

Weitere Demonstrationen gegen Atomkraft gab es am Zwischenlager Ahaus im westlichen Münsterland und im Wendland.