Bischof Hanke fordert einen raschen Atomausstieg in Deutschland

"Spiel mit dem Feuer"

Die Debatten über einen Ausstieg aus der Atomkraft entzweien die Bundesregierung. Eine offizielle Stellungnahme der katholischen Kirche gibt es bisher nicht. Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke, der durch sein ökologisches Engagement bundesweit bekannt ist, spricht sich dennoch für ein schnelles Abschalten aller deutschen Atommeiler aus.

 (DR)

KNA: Herr Bischof, die Bundesregierung streitet über die Ausstiegsszenarien in Sachen Kernkraft. Was sagt die katholische Kirche?
Hanke: Es gibt hier keine innerkirchlich festgelegte Position. Aus meinem ökologischen und umweltpolitischen Engagement heraus setze ich mich aber für einen schnellen und vollständigen Ausstieg aus dieser Hochrisikotechnologie ein.

KNA: Mit welchen Argumenten?
Hanke: Ich sehe globalpolitisch, etwa mit Blick auf Iran oder Nordkorea, eine extreme Missbrauchsgefahr der Nukleartechnik. Und ich bin davon überzeugt: Der Mensch kann diese Technologie nie vollständig im Griff haben. Unsere Atommeiler sind sehr viel sicherer als der Reaktor, der in Tschernobyl zur Katastrophe führte. Dennoch ist Atomkraft auch in Deutschland ein gefährliches Spiel mit dem Feuer.

KNA: Das sind klassische Argumente. Wo setzt Ihre speziell christliche Kritik an?
Hanke: Für mich ist Teil meiner christlichen Überzeugung, dass wir dem Wahn eines grenzenlosen und hemmungslosen Wachstums entgegentreten müssen. Wir müssen eine neue Form der Selbstbescheidenheit und eines demütigen Wirklichkeitssinnes lernen. Es geht um das Ausbilden eines neuen Bewusstseins, das nicht mehr vom bloßen materiellen Konsum und dem Glauben an grenzenloses und Ressourcen verbrauchendes Wachstum bestimmt ist. Die Atomenergie leistet diesem fatalen Irrglauben aber Vorschub. Denn hier wird suggeriert, wir müssten beim Sparen und dem effizienteren Einsatz von Energie nicht umdenken.

KNA: Befürworter verweisen allerdings auf durch Atomkraft eingesparte Treibhausgase.
Hanke: Das ist unredlich. Ich kann in der Atomkraft keinen nachhaltigen Beitrag zum Umweltschutz erkennen. Nach Tschernobyl kann doch niemand mehr von einer umweltfreundlichen Energieerzeugung sprechen!

Interview: Volker Hasenauer