Armutsrate steigt in Deutschland unaufhörlich

Schere zwischen arm und reich wird größer

Die soziale Ungleichheit nimmt in Deutschland dramatisch zu: Die Armutsrate, d.h. der Anteil von Menschen mit weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens, ist von 1999 bis 2005 von 12 auf über 17 Prozent gestiegen. Das geht aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor.

 (DR)

Die soziale Ungleichheit nimmt in Deutschland dramatisch zu: Die Armutsrate, d.h. der Anteil von Menschen mit weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens, ist von 1999 bis 2005 von 12 auf über 17 Prozent gestiegen. Das geht aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor. Danach waren die Einkommensunterschiede in Deutschland noch nie so groß wie heute. Die Wissenschaftler erwarten, dass die Einkommensschere noch größer wird. Auch das Wirtschaftswachstum werde daran nichts ändern.

Arme ärmer, Reiche reicher
Nach DIW-Angaben konnten Spitzenverdiener ihre Bezüge zwischen 1994 und 2004 am deutlichsten steigern. Inflationsbereinigt erzielten sie Gehaltserhöhungen von 1,5 Prozent im Jahr. Die mittleren Einkommen wuchsen um 1,1 Prozent im statistischen Mittel. Die Löhne von Niedrigverdienern stagnierten hingegen nahezu und stiegen lediglich um 0,2 Prozent.  Im domradio-Interview stellt Dr. Markus Grabke vom DIW die Ergebnisse der Studie vor.

Bischöfe Lehmann und Huber: Armut in Deutschland ist Skandal
Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben die hohe Zahl armer Kinder und die Vererbung von Armut als Skandal bezeichnet. Die sich weitende Schere zwischen Arm und Reich auf Grund gestiegener Arbeitslosigkeit widerspreche der christlichen Vorstellung von einer Gesellschaft in Solidarität und
Gerechtigkeit, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann. Sorgen bereite die Situation derjenigen, die nicht von staatlicher Hilfe erreicht werden.
Auch die evangelische Kirche fordert eine wirksamere Bekämpfung von Armut in Deutschland. Armut in einem reichen Land sei ein Skandal, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, mit Juli bei der Vorstellung der EKD-Denkschrift "Gerechte Teilhabe". Die Zahl der Armen steige, obwohl Deutschland enorme Möglichkeiten habe, Armut zu verhindern. Zu den maßgeblichen Armutsursachen zählt die Denkschrift die Arbeitslosigkeit. Die Politik müsse sich auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Integration Erwerbsloser konzentrieren. Für schwer Vermittelbare fordert die EKD öffentlich geförderte Arbeitsplätze. Ein Niedriglohnsektor müsse akzeptiert aber so klein wie möglich gehalten werden.

Dr. Markus Grabka vom DIW über die Armutsstudie und die Gefahr "französischer Verhältnisse" in Deutschland mit rebellierenden Jugendlichen und Benachteiligten.