Wer gilt in einem reichen Land als arm?

Arm ist nicht gleich arm

Berlin (epd). Es ist ein Unterschied, ob jemand in Köln oder in Kalkutta arm ist. Armut bemisst sich am Wohlstand des Landes, in dem ein Armer lebt. In den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung fließen außer den Angaben zum Einkommen weitere Datenein: etwa zur Wohnsituation, Bildung und Gesundheit.

 (DR)

Berlin (epd). Es ist ein Unterschied, ob jemand in Köln oder in Kalkutta arm ist. Armut bemisst sich am Wohlstand des Landes, in dem ein Armer lebt. In den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung fließen außer den Angaben zum Einkommen weitere Daten
ein: etwa zur Wohnsituation, Bildung und Gesundheit. Erst alle Faktoren zusammen ergeben ein Bild der tatsächlichen Lebenslage und des Armutsrisikos einer Bevölkerungsgruppe.

Beim Einkommen orientiert sich der zweite Armuts- und Reichtumsbericht von 2005 an der Armutsdefinition der Europäischen Union (EU). Danach gilt ein Privathaushalt als arm, der weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens vergleichbarer Haushalte zur Verfügung hat. Mit weniger als 75 Prozent befindet sich die Familie laut EU-Definition in einer «prekären Lage», hat also ein erhöhtes Armutsrisiko. Bei einem Einkommen von weniger als 40 Prozent spricht man von «strenger Armut».

Laut EU lebt ein Alleinstehender in Deutschland mit einem Einkommen von monatlich 938 Euro an der Armutsgrenze. Für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren liegt die Grenze bei 1.969,80 Euro. In Portugal, wo im Durchschnitt weniger verdient wird, hätte eine Familie mit zwei Kindern, die an der Armutsgrenze lebt, weniger als die knapp 2.000 Euro in Deutschland.

Hartz-IV-Empfänger liegen, wenn sie keine Zuschläge erhalten, in der Regel unter der Armutsgrenze. Ein Alleinstehender bekommt 345 Euro im Monat plus Miete und Heizung. Die Sozialhilfe ist ebenso niedrig.
Behinderte und chronisch Kranke können aber Zuschläge bekommen, ebenso wie Alleinerziehende. Schwangere erhalten Einmalzahlungen.

Nach Definition der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) leben Menschen in extremer Armut, wenn sie ihre Ansprüche auf Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II nicht selbstständig geltend machen können.
Maßgeblich dafür seien Probleme wie Arbeits- und Wohnungslosigkeit, Einkommensarmut, Überschuldung, mangelnde Bildung, Drogenmissbrauch, Straffälligkeit sowie Krankheit, heißt es in der jetzt vorgestellten EKD-Denkschrift zur Armut in Deutschland. Für diesen Personenkreis, der auf Notunterkünfte, Suppenküchen und andere soziale Einrichtungen angewiesen ist, seien selbst minimale Grundbedürfnisse nicht gesichert.

Wer den Blick von Europa weg auf die Armutsländer der Erde richtet, stößt auf die Armutsdefinition der Vereinten Nationen. Danach lebt in absoluter Armut, wer weniger als einen US-Dollar pro Tag zum Leben hat. Nach Angaben der UN sind dies weltweit eine Milliarde Menschen.
Weitere 2,7 Milliarden Menschen leben von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Damit ist mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung von fast 6,5 Milliarden Menschen bitter arm.