Arbeitsministerin Nahles vertritt Bundesregierung bei Heiligsprechung

"Für mich war das immer der Papst"

Als prägende Gestalt beschreibt Bundesarbeitsministerin Nahles Johannes Paul II. Auch Johannes XXIII habe sie viel zu verdanken, allein ihre Zeit als Messdienerin. Nahles vertritt die Bundesregierung bei der Heiligsprechung.

Andrea Nahles (dpa)
Andrea Nahles / ( dpa )

domradio.de: Sie waren früher Messdienerin in der Eifel, kannten Johannes Paul II. quasi seit Ihrer Jugend. Können Sie sich noch daran erinnern, wann Sie zum ersten Mal näheres Interesse an diesem Papst hatten?

Andrea Nahles (Bundesarbeitsministerin, SPD): Er ist 1978 Papst geworden, ich bin 1979 Messdienerin geworden - für mich war das immer der Papst. Ich kann mich gar nicht erinnern, dass es jemand anders war. In meiner ganzen Kindheit und Jugend war das die prägende Gestalt.

domradio.de: Johannes XXIII. wird ohne das üblicherweise notwendige Wunder heiliggesprochen. Aber: Für sein Leben und sein Vorbild, womit er auf unauslöschliche Weise die Geschichte der Kirche geprägt hat, heißt es in der Begründung. Inwiefern war er für Sie Vorbild?

Nahles: Ich glaube, ich bin einfach in eine Kirche reingewachsen, die schon von dem Zweiten Vatikanischen Konzil profitiert hat. Es war für mich als junge Frau dadurch leichter an die Kirche anzuknüpfen, zu ihr Kontakt zu haben, das mit einem modernen Leben bis heute verbinden zu können - ohne, dass mir damals klar war, dass es mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil und Johannes XXIII zusammenhing. Es war einfach für mich sehr wichtig, um neben meinem Glauben auch diese Bindung an die katholische Kirche zu stabilisieren und zu vertiefen. Durch die Liberalisierungen, die da vorgenommen wurden, ist es mir leichter gefallen. Davon bin ich fest überzeugt. Ich sehe das als eine mutige Entscheidung von Johannes XXIII an und auch als eine richtige, die bis heute wirkt.

domradio.de: Wahrscheinlich hätten Sie auch gar keine Messdienerin werden können ohne dieses Konzil...

Nahles: Das ist richtig. Wobei das auch damals noch gar nicht erwünscht war, es wurde darüber diskutiert. Sie sagten dann, wir haben halt nicht genug Jungs, das wird jetzt gemacht. Es war also noch in der Zeit - 1979 - durchaus umstritten in der katholischen Kirche bei uns in der Eifel, ob man das überhaupt zulässt. Ich bin sehr froh, mir hat das sehr viel gebracht. Ich habe nachher auch Lesungen machen dürfen und für mich war das eine sehr schöne Erfahrung, die ich nicht missen möchte.

domradio.de: Kritiker, auch Katholiken, wundern sich über die Geschwindigkeit des Heiligsprechungsprozesses - zumindest was den polnischen Papst angeht. Hätten Sie es für möglich gehalten, dass er schon 9 Jahre nach seinem Tod zu diesen Ehren kommt?

Nahles: Ich habe das schon gedacht, dass das geschehen könnte. Er ist ja schon selig gesprochen worden. Ich halte das auch angesichts, der vielen Menschen, die ihn verehren - auch darum geht es ja - auch durchaus für richtig. Johannes XXIII. und Johannes Paul II. sind Päpste, die auch für die Weltkirche stehen, die damit auch deutlich machen, was für ein weltumspannender Kreis von Gläubigen sie als Vorbild sehen. Das finde ich toll. Kann ich also ohne Probleme mit leben, auch wenn es schnell gegangen ist. (lacht)

domradio.de: Jetzt fliegen Sie in Kürze nach Rom - was sagen denn eigentlich Ihre evangelischen Minister-Kollegen dazu?

Nahles: Sie haben das zur Kenntnis genommen, würde ich mal sagen. Ich bin von Frau Merkel gefragt worden, ob ich das übernehmen möchte. Da habe ich gerne ja gesagt. Ich werde sicherlich gefragt werden, wie es war. Vorher haben mich nicht viele angesprochen, weil ja auch Ostern war, aber nachher werden sie sicherlich neugierig sein. Da bin ich sicher.

domradio.de: Auf der anderen Seite kann man natürlich schon fragen, warum Bundestag und Regierung bei einem rein katholischen Ereignis vertreten sind. Es ist ja kein Staatsereignis.

Nahles: Das sehe ich aber anders. Die Stimme, die sie in der Welt hat, ist zwar keine direkt politische aber eine moralisch-ethische Stimme, eine, die aus tiefem Glauben heraus spricht. Gerade Franziskus ist mit seiner Friedensbotschaft an Ostern wieder sehr deutlich gewesen. Die katholische Kirche ist natürlich eine Kraft in dieser Welt. Insoweit ist sie auch für die Staaten ein wichtiger Ansprechpartner und eine wichtige Stimme in der Öffentlichkeit. Ich weiß, dass viele andere Staaten ebenfalls hochrangige Regierungsmitglieder hinschicken. Ich finde das auch richtig. So wird Weltkirche erfahrbar, das ist eben nichts theoretisches, das ist etwas ganz praktisches.

Das Interview führte Tobias Fricke


Quelle:
DR