Araber sind in Schweizer Hotels herzlich willkommen

Wichtige Gäste in schwierigen Zeiten

Koran mit Kompass im Hotelzimmer, arabisches Personal und längerer Küchenbetrieb: Muslimische Touristen können ihre Kultur heute uneingeschränkt auch in Schweizer Hotels leben. Hotelmitarbeiter stellt dies jedoch vor neue Herausforderungen.

Autor/in:
Vera Rüttimann
 (DR)

Manche Gäste, die an diesem Vormittag auf der Zürcher Bahnhofstraße flanieren, kommen aus Riad, Dubai oder Doha. Wohlhabende arabische Familien, die vor der brütenden Hitze zu Hause in kühlere Länder geflohen sind. Im Straßenbild fallen sie auf: Araber mit Spiegelbrillen und weitgeschnittenen, cremefarbenen Hosen begleiten ihre meist verschleierten Frauen in teure Schmuck- und Modegeschäfte.



Ein besonderer Service: Etliche Hotels bereiten Speisen inzwischen "halal", also nach islamischen Speisevorschriften, zu. Eva-Maria Lindner, vom Swissotel Zürich sagt: "Wir ermöglichen muslimischen Gästen, ihre Fastenzeit auch in den Ferien problemlos einzuhalten." Die Küche bleibt daher länger als üblich offen, um sich an die Essenszeiten der arabischen Gäste anzupassen. Oft kommen sie erst spät zum Iftar, der Mahlzeit nach Sonnenuntergang, ins Hotelrestaurant. Alle Mahlzeiten werden vor und nach Sonnenuntergang serviert. Manche Gäste wünschen geschächtetes Fleisch; sie trinken keine Cocktails, sondern Fruchtsäfte.



Am Zürcher Flughafen sind Hotels aufgeführt, die eine ganze Liste ramadankompatibler Dienstleistungen anbieten. Im Swissotel können auf Anfrage Räume für das gemeinsame Gebet sowie Gebetsteppiche und Kompasse zur genauen Ausrichtung nach Mekka genutzt werden. Arabische Fernsehsender und Zeitungen stehen zur Verfügung. Mitarbeiter an der Rezeption können arabischen Gästen den Weg zu umliegenden Moscheen weisen. Manche wissen sogar Tipps für libanesische, marokkanische und tunesische Restaurants.



Respekt vorm Ramadan

Während Hotels in Genf längst schon an das Bild von arabischen Gästen mit bullernden Wasserpfeifen und Pfefferminzduft gewohnt sind, haben Städte wie Zürich, St. Gallen oder Basel noch Nachholbedarf in Sachen muslimischer Lebensart. Sie erkennen: Mit Halal-Speisen allein ist es nicht getan. Die Hotelangestellten müssen auch mit der Lebensweise arabischer Gäste vertraut sein. Müssen wissen, dass die freudig erwartete Ramadan-Zeit für viele Gläubige oft einhergeht mit spirituellen Übungen zur inneren Reinigung, mit wohltätigen Handlungen - und mit Geselligkeit. Viele wissen nicht, dass der Ramadan für manche Muslime die fröhlichste Zeit des Jahres ist. Hotels investieren daher verstärkt in spezielle interkulturelle Fortbildungen.



Zum "Muslim-Knigge" gehört unter anderem, dass man dem andern Geschlecht nicht lange in die Augen sehen darf. Auch darf man von sich aus nie einen Einheimischen berühren. Ein Kuss eines Mannes auf die Wange eines anderen bedeutet eine Freundschaftsgeste.



Hotelmitarbeiter wissen nun auch, dass es rücksichtsvoll ist, während des Ramadan vor arabischen Gästen weder zu rauchen noch Alkohol zu trinken. Dass es heute in Schweizer Hotels Spezialitäten wie Hummus, Couscous, Falafel und Fladenbrot gibt und sogar Gebetsteppiche verliehen werden, hat auch einen handfesten wirtschaftlichen Hintergrund: Gäste aus Ölstaaten sind finanziell hoch lukrativ. Für die durch den starken Franken gebeutelte Schweizer Tourismusindustrie ist diese Klientel unverzichtbar.



Immer neue Ideen

Schon lange erkannt hat das die Region Berner Oberland, vornehmlich das mondäne Gstaad. Betuchte Besucher aus den Golfstaaten gehören hier zu den Stammgästen. Ganze Etagen werden an Clans vermietet. Die Vorreiter des "Halal-Tourismus" haben viel von der islamischen Tourismusindustrie gelernt. In diesem wachsenden Markt gibt es etwa Airlines, in denen an Bord auch religiöse Programme angeboten und Gebetszeiten angekündigt werden.



Immer neue Dinge lassen sich Schweizer Touristiker für betuchte Gäste aus arabischen Ländern einfallen. So organisiert Interlaken Tourismus in diesem Sommer eine "Halal Barbeque Cruise" auf dem Brienzersee. Dort werden neben Schweiz-Folklore auch Falafel und Hummus serviert.