Schweiz: Minarettverbot mit großer Mehrheit angenommen

Eidgenossen gegen Muslime

Der Bau von Minaretten in der Schweiz wird künftig verboten. Überraschend und entgegen allen Umfragen stimmten die Schweizer am Sonntag mit einer klaren Mehrheit von mehr als 57 Prozent für das Verbot, wie das Schweizer Radio DRS am Sonntag berichtete. Die Initiatoren erreichten damit ihr Ziel, in die Schweizer Verfassung den Satz "Der Bau von Minaretten ist verboten" einzufügen.

 (DR)

Eingebracht hatten das umstrittene Volksbegehren die Schweizerische Volkspartei (SVP) und die Eidgenössische Demokratische Union (EDU). Sie argumentierten, die Türme an muslimischen Gebetshäusern seien nicht durch das Prinzip der Religionsfreiheit geschützt. Minarette seien Symbole eines bedrohlichen politisch-religiösen Machtanspruchs und zur Ausübung des islamischen Glaubens nicht notwendig.



Für die Initiatoren sagte der SVP-Präsident Toni Brunner, das Ergebnis zeige, dass man in der Schweiz keine Parallelgesellschaften wolle. Wer sich in der Schweiz niederlasse und aufhalte, müsse die dort geltenden Regeln beachten. Er kündigte "weitere Vorstöße" in diesem Sinne an.



Enttäuschung und Befremden

Vertreter der Kirchen und der Muslime in der Schweiz äußerten Enttäuschung und Befremden. Die Schweizer Bischofskonferenz nannte die Entscheidung "ein Hindernis und eine große Herausforderung auf dem gemeinsamen Weg der Integration in Dialog und gegenseitigem Respekt". Sie schade dem guten Zusammenleben der Religionen und Kulturen. Den bedrängten und verfolgten Christen in islamischen Ländern werde die Zustimmung zu der Initiative nicht helfen, sondern beschädige ihre Glaubwürdigkeit, erklärten die Bischöfe in Freiburg.



Die Muslime würden jetzt abwarten, wie sich das Ergebnis auf ihren Alltag auswirke, sagte der Präsident der Föderation Islamischer Dachverbände in der Schweiz (FIDS), Hisham Maizar. Die FIDS und die Koordination Islamischer Organisationen Schweiz warfen den Initiatoren in einer gemeinsamen Erklärung vor, es sei ihnen nicht in erster Linie um Minarette gegangen. Sie äußerten sich zugleich dankbar dafür, dass die Regierung, das Parlament, die meisten Parteien und die "Schwesterreligionen Judentum und Christentum" sich für das Grundrecht der Religionsfreiheit und den Schutz der Minderheiten eingesetzt hätten.



Die Schweizer Wirtschaft äußerte Sorge vor Boykottaufrufen. Der Präsident des Wirtschaftsdachverbandes "economiesuisse", Gerold Bührer, erinnerte an entsprechende Aktionen gegen Dänemark im Karikaturenstreit von 2006. Es werde Aufgabe seines Verbandes sein, in den islamischen Ländern mit Informationskampagnen dafür zu sorgen, dass es nicht zu solchen "negativen Rückwirkungen" komme.



Rechtsexperten äußerten in Schweizer Medien die Erwartung, das Minarettverbot werde bei einer internationalen Überprüfung keinen Bestand haben können. Eine Klage gegen ein Bauverbot vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof werde voraussichtlich Erfolg haben, erklärten Juristen.



Die Spitzen von Regierung, Christentum, Judentum und Muslimen in der Schweiz sowie Menschenrechtsorganisationen hatten die Bevölkerung aufgerufen, mit Nein zu stimmen. Auch der Vatikan warnte vor einer Verletzung der Religionsfreiheit.



Bislang gibt es landesweit vier Minarette; Muslime machen vier Prozent der Schweizer Bevölkerung aus. Laut Medienberichten ist derzeit der Bau von bis zu zwei weiteren Minaretten geplant.