Alois Glück zu Reformen in der Kirche

"Papst Franziskus als Eisbrecher"

Die Kirche muss den von Papst Franziskus eingeschlagenen Weg weiter gehen. Das sagte ZdK-Präsident Alois Glück am Samstag in Magdeburg. Dort ist der Dialogprozess zur Zukunft der katholischen Kirche fortgesetzt worden.

Alois Glück beim Dialogprozess (dpa)
Alois Glück beim Dialogprozess / ( dpa )

KNA: Herr Glück, während des Treffens in Magdeburg ließen die Bischöfe Offenheit für Änderungen im kirchlichen Arbeitsrecht und im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen erkennen. Wann rechnen Sie mit konkreten Reformen?

Alois Glück (Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken): Der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen ist nicht zuletzt durch die im Herbst anstehende Weltbischofssynode in Rom ein Thema der Weltkirche geworden. Die deutschen Bischöfe haben mit Blick darauf Position bezogen. Das ist eine sehr positive Entwicklung.

KNA: Und das Arbeitsrecht?

Glück: Hier sind Änderungen dringend notwendig und dieses Thema können die Bischöfe auf nationaler Ebene angehen. Da gibt es keine Ausreden mit Blick auf die Weltkirche. Konkrete Ergebnisse werden hoffentlich innerhalb des kommenden halben Jahres vorliegen.

KNA: Hinter den Kulissen scheint es aber noch Abstimmungsbedarf zu geben.

Glück: Das ist klar, weil die rechtlichen Fragen auch zentrale Aspekte des kirchlichen Selbstverständnisses berühren.

KNA: Der bundesweite Gesprächsprozess endet im Jahr 2015 - dann geht auch Ihre Amtszeit als ZdK-Präsident zuende...

Glück: ... was rein zufällig so ist.

KNA: Haben Sie einen Wunsch oder eine Vorstellung, wie der Dialog weitergehen könnte?

Glück: Zunächst einmal hat dieser Dialogprozess eine positive Eigendynamik entwickelt im Sinne einer allmählich wieder angstfreieren Diskussionskultur innerhalb der Kirche. Zusätzliche Schubkraft hat es durch Papst Franziskus gegeben, der mit seinem Auftreten und seinem Amtsverständnis wie ein Eisbrecher gewirkt hat.

KNA: Was folgt daraus für die Zukunft?

Glück: Ziel muss es meiner Ansicht nach sein, dass wir im Innern eine lebendige und nicht mehr von Angst geprägte Gemeinschaft sind, in der sich Neues entwickeln kann. Dabei wird in Deutschland und in der Welt zentral sein, ob und wie wir eine richtige Verbindung zwischen wünschenswerter Vielfalt und notwendiger Einheit bekommen.

KNA: "Wir sind eine Minderheit" hat der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck die Situation der katholischen Kirche skizziert. Wie kann sich die Kirche trotzdem bei politischen und gesellschaftlichen Debatten Gehör verschaffen?

Glück: Dass wir inzwischen eine Minderheit sind, braucht uns nicht zu erschrecken. Alle Entwicklungen in Politik und Gesellschaft wurden geprägt von engagierten Minderheiten. Unsere Wirksamkeit wird von der Qualität unserer Argumente abhängen. Es reicht nicht mehr, zu sagen: "Das ist unsere christliche Auffassung» oder: «das ist unserer Tradition". Wir müssen klar machen, dass unsere Positionen für die Menschen sinnvoll und notwendig sind - unabhängig von Religion oder kirchlicher Zugehörigkeit.

KNA: Gibt es künftig noch genügend Christen, die eine solche Rolle ausfüllen können?

Glück: Gegenwärtig ist die Perspektive beunruhigend. Zum einen, weil schon allein aus demographischen Gründen weniger junge Christen nachwachsen. Zum anderen braucht es aufseiten der Kirche die Bereitschaft, in politischen und gesellschaftlichen Debatten Kompromisse einzugehen. Aber gerade das Gesprächsforum in Magdeburg hat mir deutlich gemacht, dass das Selbstverständnis von Kirche sich gewandelt hat.

KNA: Wie beschreiben Sie diesen Wandlungsprozess?

Glück: Weg von der Machtkontrolle in Zeiten der Volkskirche hin zu einer dienenden Kirche. Papst Franziskus macht es vor. In dem Maß, in dem Kirche auf die Menschen zugeht und als hörende Kirche auftritt, wird sie in der Gesellschaft weiter gebraucht und eine wichtige Rolle spielen. In Magdeburg wurde das so formuliert: "Demütig, selbstbewusst und mit nüchterner Leidenschaft."

 


Quelle:
KNA