ADVENIAT verteidigt im domradio Rede des Papstes

Historiker kritisiert Geschichtsklitterung

Die Äußerungen von Papst Benedikt XVI. über die Christianisierung Lateinamerikas durch die europäischen Eroberer sorgen weiter für heftige Kritik. Ein Kölner Historiker warf dem Kirchenoberhaupt "unglaubliche Geschichtsklitterung" vor. - Im domradio hatte ADVENIAT die Rede des Heiligen Vaters verteidigt. - Der Vatikan hat noch nicht Stellung bezogen - dafür mehr Schutz für indigene Völker gefordert.

 (DR)

Papst: Es war kein Aufzwingen einer fremden Kultur
Der Kölner Lateinamerika-Historiker Hans-Jürgen Prien sagte im Kölner Stadtanzeiger, die Rede sei "das Oberflächlich-Schönfärberischste, was ich aus päpstlichem Mund zur Mission Lateinamerikas seit 30 Jahren gelesen habe".

Benedikt XVI. hatte während seiner Brasilienreise am vergangenen Wochenende gesagt, die Völker Lateinamerikas hätten die Ankunft des Christentums herbeigesehnt. Ohne es zu wissen, hätten sie in ihren eigenen alten religiösen Traditionen nach dem christlichen Gott gesucht.

"Jesus und sein Evangelium zu verkünden, setzte zu keiner Zeit eine Entfremdung der präkolumbianischen Kulturen voraus, und es war auch kein Aufzwingen einer fremden Kultur", so der Papst. Lateinamerikanische Indigenen-Vertretern hatten dem Kirchenoberhaupt umgehend Arroganz vorgeworfen.

"Historischer Rückschritt"
Auch Prien kritisierte, statt der von Benedikt XVI. beschriebenen fruchtbaren Verbindung von christlichen und indigenen Kulturen sei die Wirklichkeit "Zwangsmission mit Begleiterscheinungen wie Sklaverei, Zwangsarbeit, Rassendiskriminierung und Ethnozid" gewesen. "Alles versank, sie verloren ihre Identität", so der Historiker. Die Aussagen bedeuteten einen "historischen Rückschritt" hinter das große Schuldbekenntnis von Papst Johannes Paul II.

Dieser hatte sich im Namen der Kirche im Jahr 2000 in einer vielbeachteten Geste im Petersdom für Fehler und Sünden von Christen in den zurückliegenden 2.000 Jahren entschuldigt. Mit Blick auf die Missionierung Lateinamerikas sagte er, dass Christen die "Rechte von Stämmen und Völkern" verletzt und "deren Kulturen und religiöse Traditionen verachtet" hätten.

Prien lehrte von 1992 bis zu seinem Ruhestand 2000 lateinamerikanische Geschichte an der Universität Köln. Zu seinen Veröffentlichungen gehört auch eine Geschichte des Christentums in Lateinamerika.

Vatikan drängt UNO zu mehr Schutz für indigene Völker
Der Vatikan drängt auf eine Verabschiedung der Erklärung über die Rechte indigener Völker. Der Vertreter des Vatikan bei den Vereinten Nationen, Erzbischof Celestino Migliore, äußerte sich vor dem UN-Wirtschafts- und Sozialrat enttäuscht darüber, dass die Annahme der Erklärung nach langjähriger Diskussion vertagt wurde. Das Dokument stelle aus Sicht des Vatikan ein wichtiges Instrument zum Schutz der Menschenrechte indigener Völker dar, betonte Migliore in seiner am Donnerstag vom Vatikan veröffentlichten Rede.

Der Erzbischof rief die internationale Staatengemeinschaft auf, "Flexibilität und soziale Weitsicht" zu zeigen, statt die Erklärung mit dem Hinweis auf fehlende Begriffsdefinitionen zu blockieren. Zudem beklagte er, dass die Indigenen fast nie von Rohstoffen profitierten, die in ihren Gebieten gefundenen werden.

Über eine UN-Erklärung, die Kultur, Ressourcen und den Landbesitz der indigenen Völker weltweit schützen soll, wird seit mehr als 20 Jahren gerungen. Ende 2006 vertagte die UNO-Vollversammlung erneut eine Verabschiedung. Ein Entwurf, der bereits vom UN-Menschenrechtsrat begrüßt worden war, wollte Mindestnormen für ein kulturelles, politisches und soziales Überleben der Urvölker festlegen. Mit dem Verweis auf noch zu viele Unklarheiten und unsaubere Begriffsdefinitionen hatten sich vor allem Kanada, Neuseeland, Australien und die USA sowie mehrere afrikanische Länder gegen den Erklärungsentwurf ausgesprochen.

Ausführliche Berichte zu allen Tagen der Brasilienreise
- Mittwoch: Ankunft in Sao Paulo
- Donnerstag: Treffen mit Präsident Lula und Zehntauseden Jugendlichen
- Freitag: Heiligsprechung mit Hunderttausenden
- Samstag: Besuch eines Drogenprojekts und Beten des Rosenkranzes
- Sonntag: Eröffnung der Bischofsversammlung in Aparecida mit Gottesdienst und Grundsatzrede

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