Adveniat: Echo der Bischofsversammlung auf Rede positiv

Der Papst ist weg, seine Worte bleiben

Benedikt XVI. ist wieder sicher in Rom gelandet - seine Rede zum Abschluss des Brasilien-Besuchs hallt noch immer nach. Die Teilnehmer der Vollversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe in Aparecida haben die Worte des Papstes "intensiv diskutiert", sagte im domradio-Interview Christian Frevel von Adveniat. Das bischöfliche Hilfswerk begleitet das Treffen, das inzwischen seine Arbeit aufgenommen hat.

 (DR)

CELAM wurde 1955 in Rio de Janeiro gegründet
"Globalisierung, zunehmende Gewalt und Armut", nennt der neue Erzbischof von Sao Paulo und beigeordnete Generalsekretär der Versammlung, Odilo Scherer, als Kernthemen der dreiwöchigen Zusammenkunft. Diese wird sich auch der Rolle von Laien und dem Umgang mit rückläufigen Katholikenzahlen widmen. Neben neuen Herausforderungen sind einige der Probleme Dauerbrenner, seit der Lateinamerikanischen Bischofsrat (CELAM) 1955 in Rio de Janeiro gegründet wurde.

Armut und Benachteiligung waren schon bei den Versammlungen im kolumbianischen Medellin 1968, im mexikanischen Puebla 1979 und auch in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik 1992 entscheidende Themen. Die von Befreiungstheologen propagierte "Option für die Armen" wurde mit der Konferenz in Kolumbien 1968 zum Maßstab kirchlichen Handelns. Das Treffen in der Dominikanischen Republik Anfang der 90er Jahre setzte allerdings weniger als die vorangegangenen ausschließlich auf soziale Fragen - und wäre zudem fast gescheitert. Das Schlussdokument stand auf der Kippe. Erst nach mehr als 5.000 Änderungsanträgen kam es zu Stande, nachdem die Konferenz stark - für viele wohl zu stark - von den Vertretern des Vatikan geprägt worden war.

"Lateinamerikanische, keine römische Konferenz"
Auch diesmal bleiben einige Kardinäle aus dem Vatikan bei den Verhandlungen. Etwa Kardinal Giovanni Battista Re, der als einer der Präsidenten der Konferenz vorsitzen wird, sowie der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal William Joseph Levada. Eine absolut übliche Präsenz, weil der Papst die Konferenz einberuft und deren Schlussdokument abnimmt - und nach Meinung des Vorsitzenden der Brasilianischen Bischofskonferenz, Kardinal Geraldo Majella Agnelo, auch überhaupt kein Problem: "Es ist klar, dass wir ein Dokument schreiben und nicht der Papst." Benedikt XVI. begleite die Konferenz sehr eng, lasse den Bischöfen aber viel Freiheit und verbiete nichts.

Aparecida bleibt also aus Sicht Agnelos eine lateinamerikanische, keine römische Konferenz. Konfliktfrei ist das Treffen deswegen aber keineswegs. So könnte der Fall des im März von der Römischen Glaubenskongregation gemaßregelten Befreiungstheologen Jon Sobrino ein heißes Eisen werden. Vor allem Anhänger der Befreiungstheologie stehen der Konferenz eher kritisch gegenüber - und erwarten keine Wunder. "Aparecida müsste nur bestätigen, was schon gesagt wurde", gibt etwa Paulo Suess als Zielvorstellung aus. Er fordert bei aller Theologie, die gesellschaftliche Realität nicht zu vergessen und "nicht in die Wolken, sondern auf den Boden" zu gucken. "Aparecida", sagt er, "muss etwas mit den Menschen zu tun haben."

Trotz der Skepsis: Angesichts der neuen Herausforderungen wie der Globalisierung und des Vordringens evangelikaler Gruppen sowie des immer aktuellen Problems der Armut wird Aparecida der Kirche Südamerikas wohl eine entscheidende Richtung weisen - und damit auch weit über die Ländergrenzen von Bedeutung sein. Deshalb schaut die katholische Welt auf die Kleinstadt 150 Kilometer nordöstlich von Sao Paulo.

Rede wiederholt von Applaus unterbrochen
Ohne konkrete Staaten anzusprechen, äußerte sich Benedikt XVI. in der Rede an die Bischöfe vor seiner Abreise besorgt über den Fortbestand "autoritärer Regime" in Lateinamerika. Manche Regierungen folgten "Ideologien, die man überwunden glaubte und die nicht mit der christlichen Sicht des Menschen und der Gesellschaft übereinstimmen". Weiter mahnte er in der wiederholt von Applaus unterbrochenen Rede zu mehr ökonomischer Gerechtigkeit. Immer weitere soziale Schichten seien von Armut bedrängt oder würden "ihrer eigenen Naturgüter beraubt".

Zwei Jahre nach seiner Wahl hatte Benedikt XVI. seit Mittwoch erstmals Brasilien besucht. Hunderttausende Katholiken kamen zu mehreren großen Gottesdiensten nach Sao Paulo und in den Marienwallfahrtsort Aparecida. Die Reise fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Mehr als 20.000 Polizisten und Sicherheitskräfte waren im Einsatz. Zu nennenswerten Zwischenfällen kam es nicht.

Das Sonntagnacht in Sao Paulo gestartete Papstflugzeug landete am Montagmittag gegen 12.30 Uhr auf dem römischen Flughafen Ciampino.

Ausführliche Berichte zu allen Tagen der Brasilienreise finden sie hier:
- Mittwoch: Ankunft in Sao Paulo
- Donnerstag: Treffen mit Präsident Lula und Zehntauseden Jugendlichen
- Freitag: Heiligsprechung mit Hunderttausenden
- Samstag: Besuch eines Drogenprojekts und Beten des Rosenkranzes
- Sonntag: Eröffnung der Bischofsversammlung in Aparecida mit Gottesdienst und Grundsatzrede

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