Abschiedsfeier in Niedersachsen - Debatte um Einsatz bleibt

Trauer um in Afghanistan gefallene Soldaten

Im niedersächsischen Selsingen findet heute die Trauerfeier für die am Karfreitag in Afghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten statt, an der auch Bundeskanzlerin Merkel teilnimmt. Vertreter aus Politik und Kirchen fordern derweil eine schonungslose Bilanz des deutschen Engagements nach kanadischem Vorbild.

Autor/in:
Michael Borgers
 (DR)

Nur mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme könne der Rückhalt für den Einsatz in der Bevölkerung wachsen, sagte der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, am Mittwochabend bei einer Tagung im niedersächsischen Loccum. Der Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei (Grüne) plädierte für eine unabhängige Kommission.

Die Empörung über die hohen Verluste der kanadischen Truppen im umkämpften Kandahar brachte 2007 die konservative Minderheitsregierung ins Wanken. Daraufhin wurde eine Kommission unter Expremier John Manley eingerichtet, die Anfang 2008 empfahl, sowohl Truppen als auch zivile Bemühungen in der afghanischen Provinz zu verstärken.

Das kanadische Parlament beschloss die Aufstockung der Truppen von 2.500 auf 2.800 Soldaten und den Abzug 2011. Die Regierung muss dem Parlament regelmäßig Bericht erstatten, welche Aufbauziele erreicht wurden. Eine regelmäßige Bilanz dieser Art sei auch in Deutschland nötig, forderten Brahms und Nachtwei. Die Tagung in der evangelischen Akademie Loccum zur deutschen Afghanistan-Strategie dauert noch bis diesen Freitag an.

Evangelischer Militärdenkan hält Ansprache
Neben Merkel nimmt auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg an der Trauerfeier teil. Der Radiosender "Deutschlandfunk Kultur" sprach heute (09.042010) von Druck der "Bild"-Zeitung, der Merkel zur Teilnahme gedrängt habe.

Die Trauerfeier mit den Familien und Freunden der drei gefallenen Soldaten findet in der evangelischen St.-Lamberti-Kirche im niedersächsischen Selsingen unweit von Seedorf statt. Der evangelische Leitende Militärdekan Armin Wenzel aus Kiel wird die Traueransprache halten.

Deutsche lehnen Einsatz ab
Die drei Soldaten des Fallschirmjägerbataillons 373 aus Seedorf waren am 2. April bei einem Feuergefecht nahe Kunduz gefallen. Der 35-jährige Hauptfeldwebel, der 25-jährige Stabsgefreite und der 28-jährige Hauptgefreite waren Angehörige der Luftlandebrigade 31.

In Deutschland lehnt die übergroße Mehrheit der Bevölkerung Umfragen zufolge den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ab. Auch für Hilfsorganisationen sei es schwer, in der Öffentlichkeit Akzeptanz zu erreichen, sagte Suzana Lipovac von "KinderBerg International". Der Verein mit Sitz in Stuttgart baut in Nordost-Afghanistan in zivil-militärischer Kooperation mit der Bundeswehr Gesundheits- und Bildungsprojekte auf.