Regierungskoalition verteidigt Bundeswehreinsatz am Hindukusch

Grundsatzdebatte zu Afghanistan

Nach dem Tod dreier deutscher Soldaten in Afghanistan kommt eine Debatte über die richtige Ausrüstung der Bundeswehr und die politische Strategie am Hindukusch auf. Während die Opposition am Dienstag Mängel in beiden Bereichen monierte, stellte sich die Regierungskoalition hinter den Einsatz.

 (DR)

Die Bundeswehr ist seit 2002 im Rahmen der Internationalen Schutztruppe ISAF zusammen mit mehr als 40 Nationen in Afghanistan präsent. Der Parlamentarische Verteidigungs-Staatssekretär Christian Schmidt (CSU) räumte ein, Politik und Öffentlichkeit hätten sich in den ersten Jahren des Einsatzes etwas vorgemacht. "Es ist Zeit, den Tatschen ins Auge zu sehen", sagte Schmidt und betonte: "Wir führen eine kriegerische Auseinandersetzung. Es geht nicht nur um Brunnen bohren." Zugleich wies er Kritik an der Ausstattung der deutschen Soldaten zurück. "Die Ausrüstung der Bundeswehr ist gut", sagte er.

Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Ruprecht Polenz (CDU), wollte Klagen über Ausrüstungsmängel der Truppe nicht gelten lassen. Ihm sei "nicht bekannt", dass Forderungen der Militärs nicht berücksichtigt worden seien. Die Politik müsse sich hier auf den militärischen Ratschlag verlassen. Zugleich lehnte Polenz Forderungen nach einem raschen Rückzug ab. Dies könne nur gemeinsam im Rahmen der NATO erfolgen.

Grüne fordern Abzugsplan
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin bekräftigte indes, die Bundesregierung müsse endlich einen Abzugsplan vorlegen. "Wir sind der Auffassung, dass Afghanistan einer Stabilisierungs- und Abzugsperspektive bedarf", sagte er. Notwendig sei ein Zeitpunkt, zu dem ein "definierter Rückbau" des aktuellen Bundeswehr-Kontingents erfolgen soll. Trittin kritisierte zugleich ein "viel zu spätes, ungenügendes Beheben" von Defiziten, "nämlich die Behebung der Mängel im zivilen und Polizeiaufbau".

SPD-Wehrexperte Rainer Arnold warnte vor immer neuen Grundsatzdebatten über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. "Afghanistan war richtig und bleibt auch nach den traurigen Ereignissen vom Wochenende richtig und notwendig für die Menschen in Afghanistan, aber auch im Interesse unserer eigenen Sicherheit", sagte Arnold. Der Einsatz sei gefährlich, aber er mache eben nur Sinn, wenn die Soldaten nicht allein in schwer geschützten Fahrzeugen durch die Gegend fahren. Deshalb gehöre es dazu zu sagen, dass es in der Gegend von Kundus hohe Risiken gebe.

Wehrbeauftragter weist Vorwürfe über Ausrüstungsmängel zurück
Der scheidende Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe, wies Vorwürfe über Ausrüstungsmängel zurück. Das würde er "so pauschal niemals unterstreichen wollen", betonte Robbe. Doch gebe es in einigen Punkten durchaus Defizite wie bei Transportflugzeugen und Hubschraubern. Das liege zum Teil auch an der Industrie.

Robbe, unterstützt derweil Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der am Sonntag erstmals von einem Krieg in Afghanistan gesprochen hat. Für die notwendige gesellschaftspolitische Debatte sei es wichtig, dass nicht um den heißen Brei herum geredet werde, sagte Robbe am Dienstag im WDR. Kriegsähnliche Gefechte sollten auch so benannt werden und nicht "irgendwelche sybillinischen Formulierungen" verwendet werden.

Dinge beim Namen nennen
Es sei eine vernünftige und gute Sache, dass der Verteidigungsminister eine Änderung der bisherigen Strategie vornehme und jetzt von "Krieg" spreche, sagte der 55-jährige SPD-Politiker. Auch wenn Guttenberg das nicht völkerrechtlich meine, sondern umgangssprachlich.

Auch mit Blick auf die betroffenen Soldaten sei es richtig, die Dinge so beim Namen zu nennen, wie sie sich in der Realität tatsächlich abspielen, sagte Robbe. Damit werde auch anerkannt, was die Soldaten leisteten und in welcher Situation sie sich befänden.

Robbe war seit Mai 2005 Wehrbeauftragter des Bundestages. Er scheidet im Mai aus dem Amt aus. Sein Nachfolger wird der 59-jährige FDP-Politiker Hellmut Königshaus.  Am Karfreitag waren bei stundenlangen Gefechten mit den radikal-islamischen Taliban nahe der nordafghanischen Stadt Kundus drei Bundeswehrsoldaten getötet worden, acht weitere wurden verletzt.