Ab Januar erhalten Eltern zehn Euro mehr Kindergeld

Wohltat oder verdeckte Steuererhöhung?

Nach monatelangem Gezerre und einem Schlussspurt des Gesetzgebers hat es doch noch geklappt: Eltern erhalten ab 1. Januar mehr Kindergeld. Bundestag und Bundesrat hatten sich in letzter Minute im Vermittlungsausschuss über die Finanzierung geeinigt. Neben der Kindergelderhöhung sieht das Familienleistungsgesetz auch eine bessere steuerliche Absetzbarkeit haushaltsnaher Dienstleistungen vor. Kirchen und Verbänden ist das nicht genug.

Autor/in:
Christoph Scholz
 (DR)

Das Kindergeld steigt für das erste und zweite Kind monatlich um zehn auf 164 Euro. Für dritte Kinder erhöht sich der Betrag um 16 auf 170 Euro und für jedes weitere Kind um 16 auf 195 Euro. Zudem wird der jährliche Kinderfreibetrag in der Steuer um 216 auf 6.024 Euro angehoben. Laut Familienministerium profitieren davon Eltern, die zusammen ein Bruttoeinkommen von mehr als 67.000 Euro haben oder Alleinerziehende, die mehr als rund 35.000 Euro verdienen.

So richtig zufrieden ist allerdings niemand mit dem Ergebnis. Die SPD wollte anfangs überhaupt keine weiteren Transferleistungen. Nach ihrer Überzeugung sollte zusätzliche Familienleistungen in den Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung fließen. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) wollte das Kindergeld gar auf dem Stand von 2002 einfrieren. Damals hatte es der Staat zum letzten Mal erhöht.

Die Union hält sich zugute, dass es zumindest zur jetzt beschlossenen Erhöhung gekommen ist. Es war «ein harter Kampf», resümierte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor kurzem. Sie konnte sich auch mit der Staffelung nach Anzahl der Kinder durchsetzen. Die Sozialdemokraten hatten das zunächst ebenfalls abgelehnt.
Nach Meinung der Familien- und Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Gewerkschaften deckt die Erhöhung aber bei weitem nicht den wirklichen Bedarf. Sie machen geltend, dass nicht einmal der Kaufkraftverlust der vergangenen Jahre ausgeglichen wird. Hinzu kommen gestiegene Lebenshaltungskosten, von der Energie bis zu den Lebensmitteln. Die zehn größten katholischen Verbände sprechen deshalb von einer verdeckten Steuererhöhung für Familien. Der Staat greife auf das Existenzminimum zu und verstoße damit gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.

Das Finanzministerium beruft sich hingegen auf den von ihm vorgelegten Existenzminimumbericht - an dem sich das Kindergeld ausrichtet. Für die Familienverbände gehen die Berechnungen aus dem Hause Steinbrück aber an der Realität vorbei. Die katholischen Organisationen legten deshalb eine eigene Studie über die Aufwendungen für Kinder vor. Demnach müsste das Kindergeld für das erste bis dritte Kind um 28 Euro und für jedes weitere um 32 Euro steigen. Den Kinderfreibetrag setzen sie bei 6.829 Euro an. Langfristig verlangen sie einen Freibetrag von 8.000 Euro. Diese Summe hatte auch die CDU beim Bundestagswahlkampf genannt.

Angesichts der Kinderarmut beklagen die Verbände zudem, dass die Zuschüsse für Kinder, die Hartz IV erhalten, nicht gleichzeitig erhöht werden. Derzeit prüft das zuständige Bundessozialministerium, ob die Regelsätze für diese Kinder noch ausreichen. Der Caritas-Verband verlangt, den Regelsatz für die bis zu 5-Jährigen um 39 Euro anzuheben, bei 6- bis 13-Jährigen um 54 Euro und bei 14- bis 17-Jährigen um 21 Euro.

Zusätzlichen Verdruss bereitet ein Vergleich mit der Freigiebigkeit des Staates in Zeiten der Finanzkrise. Der Augsburger Bischof Walter Mixa brachte den Unmut unlängst auf den Punkt: Im Vergleich zur Milliardenhilfe für die Banken sei eine Kindergelderhöhung um zehn Euro «geradezu lächerlich». Es stelle sich die Frage, ob so etwas in der Öffentlichkeit noch als eine Wohltat herausgestellt werden könne, so der Bischof.