Ausblick auf Beginn der Weltbischofssynode am Wochenende

"Wie soll denn das gelingen in so kurzer Zeit?"

An diesem Wochenende beginnt die Weltbischofssynode. Markus Demele, Generalsekretär von Kolping International, blickt erwartungsvoll auf den weltweiten Prozess, hat aber angesichts des ambitionierten Zeitplans Zweifel bezüglich der Umsetzung.

Papst Franziskus mit Bischöfen / © Paul Haring/CNS photo (KNA)
Papst Franziskus mit Bischöfen / © Paul Haring/CNS photo ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was passiert bei dieser Eröffnung des Prozesses zur Weltbischofssynode an diesem Wochenende?

Dr. Markus Demele (Generalsekretär Kolping International): Soweit ich das erfahren habe, wird das der große Startschuss sein für diesen Prozess, von dem bisher kaum jemand gehört hat. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für andere Diözesen, für andere Orte in der Weltkirche. Ich glaube, wenn man da mal herum fragt, ob jemand schon mal von diesem Weg bis 2023 etwas wahrgenommen hat, werden die meisten den Kopf schütteln.

Das soll also dann der Auftakt des Ganzen mit Papst Franziskus sein. Es wird danach tatsächlich auch schon eine erste Phase des Austausches geben. Das wird auch live übertragen. Im Petersdom dürfen nur wenige Leute anwesend sein aufgrund der Corona-Bestimmungen. Die Hoffnung ist also, dass hier schon mal ein weltkirchliches Zeichen aus Rom gesendet wird: So, jetzt geht es los. Wir machen uns gemeinsam auf den Weg. Der Papst wird mit Sicherheit die Gelegenheit nutzen, das, was in dem Vorbereitungsdokument und im Vademecum steht, noch mal zu akzentuieren und zu sagen, was ihm ganz besonders wichtig ist auf diesem Weg der Synodalität und sein Verständnis von Synodalität noch mal darlegen. Ja, und dann gilt es zu hoffen, dass möglichst viele mitziehen.

DOMRADIO.DE: Wir kennen hier in Deutschland schon den Synodalen Weg, den katholische Laien gemeinsam mit den deutschen Bischöfen begonnen haben. Das Treffen am vergangenen Wochenende in Frankfurt hat gezeigt, wie unterschiedlich die Interessen sind und wie schwierig man die zusammen bekommt. Das wird doch auf Ebene der Weltkirche sicher noch komplizierter, oder?

Demele: Deutlich komplizierter – mit Sicherheit. Darum ist auch dieser Zeitrahmen, den der Vatikan sich da gesetzt hat, nicht einzuhalten. Ich versuche im Moment immer noch, das ein bisschen zu deuten. Wie kann man das für die gesamte Weltkirche glauben: Zum Ersten Schritt wird in dieser diözesanen Phase gesagt: Debattiert von nun an ein Jahr lang bezieungsweise nicht mal ein Jahr lang bitte in den Pfarrgemeinden, in den Verbänden, ganz weit draußen, wenn ich mir das vorstelle, im afrikanischen, ländlichen Raum, in diesen Missionsstationen zum Beispiel, in Basisgemeinden, kommt da in einen Austausch und stellt euch bestimmte Fragen, die mit der Zukunft der Kirche zu tun haben. Und diese Ergebnisse sollen ja auch gesichert werden.

Natürlich ist dieser Austausch auch ein Zweck an sich und vielleicht auch eine für katholische Art und Weise neue Form. Ein neuer Stil des Miteinanders, den wir in unserer hierarchischen Kirche noch nicht so kennen. Aber das Ganze muss ja am Ende auch zusammengebunden werden. Und da habe ich große Fragen: Wie soll denn das gelingen in so kurzer Zeit? Es soll schon im Oktober nächsten Jahres das erste Instrumentum Laboris vorliegen, wo dann die ganzen Rückmeldungen über die Stationen der nationalen Bischofskonferenzen zusammengebunden sind und ausgewertet werden. Und diese Heterogenität, diese Vielfalt, die wir glücklicherweise in unserer Weltkirche haben, die dann abzubilden und diesen Prozess so zu gestalten, dass wirklich alle auch was beitragen können, das dauert, glaube ich, deutlich länger als diese paar Monate.

DOMRADIO.DE: Sie haben Ihre Kolping-Mitglieder rund um den Globus dazu aufgerufen, sich inhaltlich an dieser Synode zu beteiligen. Welche Themen bewegen denn die Katholiken und Katholikinnen in anderen Erdteilen? Weicht das ab von den Themen, die wir hier in Deutschland diskutieren?

Demele: Das ist pauschal natürlich nicht zu sagen, weil Kolping in 60 Ländern der Welt vertreten ist. Und so unterschiedlich die Kulturen selbst innerhalb dieser Länder sind, so unterschiedlich müssten auch die Antworten auf diese Fragen sein. Es gibt Diözesen, es gibt Nationalverbände, da werden ganz ähnliche Fragen diskutiert. Da ist vor allem die Rolle der Frau in der Kirche und der mangelnde Zugang zu Leitungsämtern und zum Weiheamt ein Thema. Aber in Regionen, wo vor es allem um die Fragen geht, "Wie sichere ich mein Überleben?" und "Wie kann ich als Pfarrei überhaupt gemeinsam überleben?", wirklich im materiellen Sinne, da stellen sich natürlich noch mal andere Fragen. Auch Fragen an ein solidarisches Miteinander, wie wir unterwegs sind als Kirche.

Die Vorbereitungsdokumente nehmen das übrigens wirklich gut in den Blick. Sie formulieren auch ganz toll: Ja, wir haben unglaubliche Unterschiede in den einzelnen Diözesen der Welt und darum müssen wir auch verschiedene Formen des Austausches und des Miteinanders finden. Und, da ist wahrscheinlich Papst Franziskus deutlich zu erkennen, gerade die Armen, gerade die am Rande Stehenden, die sollen gehört werden. Die haben Wichtiges beizutragen und werden oft nicht gehört. Und diese Stimmen hörbar zu machen, da würde ich mich jetzt als Generalsekretär auch gar nicht aus dem Fenster lehnen wollen und sagen: Das kann ich jetzt für jeden einzelnen nationalen Verband machen, nein. Darum rufen wir auf und sagen: Kommt, beteiligt euch! Fordert das bei euren Bischöfen vor Ort ein, dass eure Stimmen gehört werden.

DOMRADIO.DE: Gemeinsam einen Weg gehen, vielleicht als Volk Gottes. Das Thema der Synode lautet "Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation und Mission". Es geht also darum, dass nicht die Bischöfe alles bestimmen, sondern das wir zusammen unterwegs sind. Aber eine Demokratisierung der Kirche wird das nicht. Das hat der Papst auch schon klargestellt. Wie passt das zusammen?

Demele: Wenn Sie mich als Theologen fragen: Es gibt natürlich die vorgefertigten Antworten, warum das hierarchisch verfasste Amt das so nicht zulässt. Wir sind die Herde und die Hirten sind nun mal die Hirten. Das Leitungsamt ist in der sakramentalen Fülle nur vergegenwärtigt. Ich persönlich tue mich schwer, denn es gibt in diesem Dokument eine große Hochschätzung des Dialoges, des Miteinander unterwegs seins. Die Synodalität wird in den Dokumenten beschrieben als Stil der Kirche. Und dort ist der Heilige Geist wirksam.

Also dieses gemeinsame Austauschen in einer Offenheit, im gemeinsamen Gebet und eben nicht diskutieren wie in einem Parlament, das kann ich sogar noch mitgehen und verstehen, aber doch bitte um das richtige Ringen – und da den Geist wirksam sein zu lassen, das wird alles gesehen. Nur – in dem Augenblick, wo es darum geht, gemeinschaftlich zu entscheiden, da ist der Heilige Geist auf einmal nicht mehr präsent? Das kann ich nicht nachvollziehen. Ich glaube, dass wir beim Synodalen Weg, wie er in Deutschland angelegt ist, schon deutlich handfestere, konkretere Instrumente gefunden haben, wie Mehrheiten gebildet werden und berechnet werden. Und ich glaube sogar, dass der Heilige Geist darin wirkt.

DOMRADIO.DE: Dieser Prozess soll bis Herbst 2023 gehen. Was müsste eigentlich dabei herauskommen, damit diese Weltbischofssynode aus Ihrer Sicht ein Erfolg wäre?

Demele: Das ist ein ganz breites Thema. Aber für mich ist ein Kernpunkt, dass wir die Vielfalt in der Kirche zulassen, dass wir die manchmal Ungleichzeitigkeit, aber vor allem diese kulturellen Unterschiede in der Art, Gottesdienst zu feiern, in der Art Nachfolge Christi zu leben, dass wir dem Raum geben, kirchenrechtlich Raum geben, dogmatisch Raum geben. Ich glaube, gerade im Vatikan wird Universalität unserer Kirche immer wieder mit Uniformität verwechselt.

Ich glaube, da gilt es auf einer synodalen Grundlage, wo Menschen vor Ort ihre Kulturen, ihre Lebenserfahrungen mit einbringen, zu sagen: Auf diese Art und Weise wollen wir Kirche leben, so wollen wir Nachfolge Jesu Leben. Und ob das auf einem anderen Kontinent ähnlich gemacht wird oder anders gemacht wird, das ist nicht das zentrale, sondern der verbindende Glaube an Jesus Christus. Das ist das, was uns zusammenführt. Und da darf es dann auch Varianzen geben, in der gottesdienstlichen Gestaltung sowieso, aber auch von manchen Dingen, die heute als dogmatisch festgezurrt, unabänderlich gelten.

Das Interview führte Katharina Geiger.


Markus Demele / © DR (DR)
Markus Demele / © DR ( DR )
Quelle:
DR
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