Allerheiligen auf den Philippinen - Familienfest mit Picknick

Die Lebenden feiern zusammen mit den Toten

Allerheiligen und Allerseelen sind nach Weihnachten und der Karwoche die höchsten christlichen Feiertage auf den Philippinen. Millionen Philippiner pilgern zu den Gräbern ihrer Lieben. Ein fröhliches Familienfest.

Gräber auf einem Friedhof / © locrifa (shutterstock)

Die Straßen der philippinischen Hauptstadt sind an Undas leergefegt. Die Menschen pilgern an den "Tagen der Toten" zu den 80 Friedhöfen und 30 Kolumbarien der Stadt. In der Hochbahn herrschen dafür Tokioter Verhältnisse. Auf dem Weg zum Nordfriedhof, einem der ältesten von Manila, drängen sich Tausende in Zügen, die sich an der Station Blumentritt rapide leeren.

Der letzte Kilometer zu dem Gottesacker, der mit einer Fläche von 54 Hektar so groß ist wie 80 Fußballfelder - muss per Pedes bewältigt werden. Das ist durchaus ein Vergnügen, trotz der Menschenmassen. In der für den Autoverkehr gesperrten Straße haben Händler Stände mit Obst und Gemüse, Kerzen und Blumen und - weil die nächsten Feste schon vor der Tür stehen - glitzerndem Weihnachtsschmuck und Halloween-Masken aufgebaut.

Sicherheitskontrolle am Friedhof

Am Eingang zum Friedhof gibt es Stau. Sicherheitsbeamte kontrollieren; Sprengstoffspürhunde schnüffeln an den mit Essen und Getränken vollgepackten Plastiktüten und Einkaufstrolleys.

Massenveranstaltungen sind eben auch immer eine Verlockung für Terroristen, von denen so manche, wie die islamistische Gruppe Abu Sayyaf, auf den Philippinen ihr Unwesen treiben. Im ganzen Land sind deshalb zu Undas mehr als 30.000 Polizisten sowie 87.000 Freiwillige aus Kirchengemeinden, Lokalverwaltungen und Bürgergruppen im Einsatz.

Die Kontrollen ertragen die schätzungsweise 300.000 Philippiner, die jährlich zu Undas zum Nordfriedhof kommen, geduldig. Auf dem Friedhof geht es dann zu wie auf einem Jahrmarkt. An bunten Ständen werden Erfrischungsgetränke, Pizza, preiswerte SIM-Karten und Entspannungsmassagen angeboten. An den Gräbern sitzen Familien, essen, trinken, erzählen sich Geschichten; Kinder klettern lachend auf die Sarkophage ihrer Großeltern oder Eltern.

Mehr als nur ein Grab

Von Gräbern zu sprechen ist nicht ganz richtig. Wer es sich leisten kann, baut seinen Toten ein Mausoleum, von denen so ziemlich jedes größer ist als jede der armseligen Hütten in einem der Slums Manilas.

Die prachtvollen Mausoleen der richtig Reichen haben gar villenartige Ausmaße. Ärmere bestatten ihre Toten in freistehenden Sarkophagen.

Die werden oft aus Platzmangel übereinandergestapelt und stehen so dicht, dass Kletterkünste vonnöten sind, um zur letzten Ruhestätte eines lieben Verblichenen zu gelangen. Manilas Friedhöfe sind so überbevölkert wie die ganze Stadt.

"Wir sind schon seit sechs Uhr heute Morgen hier", erzählt Nene Vitan strahlend, die es sich samt Tochter, Enkeln und ihrer Schwester im Mausoleum ihres verstorbenen Mannes gemütlich gemacht hat. "Wir wollten vor der Hitze hier sein", lacht Vitan. In dem nach zwei Seiten offenen Grabmal es angenehm kühl. Ein schmuckes Gitter trennt die Familie von dem Menschenstrom, der auf dem Weg unendlich vorbeizieht. Bereitwillig verrät die 62-Jährige den Preis für das Mausoleum: umgerechnet 5.000 Euro. Und mit Betonung fügt sie hinzu: "Das war vor sieben Jahren. Heute wäre es um einiges teurer."

Taschendiebe und falsche Priester

Die Schattenseite der Feier des Lebens in Gesellschaft der Toten ist die allgegenwärtige Kleinkriminalität. Um den Taschendieben ein Schnippchen zu schlagen, haben sich viele Friedhofsbesucher ihre Rucksäcke und Taschen über den Bauch gehängt. Ein anderes Ärgernis sind falsche Priester, die sich ihre Segnung der Gräber gut bezahlen lassen und vor denen die katholische Bischofskonferenz alle Jahre wieder vor Allerheiligen eindringlich warnt.

Mit den Taschenkontrollen am Eingang will die Polizei übrigens nicht nur verhindern, dass Waffen und Sprengstoff auf den Friedhof gelangen. Gnadenlos werden auch Lautsprecher konfisziert. Denn das einzige, was bei der Friedhofsfete nicht erlaubt ist, ist die ansonsten allgegenwärtige Musik.


Quelle:
KNA