Arbeitnehmer für finanzielle Anerkennung relevanter Berufe

"Nur Klatschen reicht da nicht"

Als Zeichen der Solidarität wird für Pflegepersonal am Fenster geklatscht. Die Katholische Arbeitnehmerbewegung begrüßt diese Aufmerksamkeit. Allerdings müsse auch grundsätzlich über Arbeitsbedingungen und Lohn geredet werden.

Bewegung in einem Krankenhausflur / © hxdbzxy (shutterstock)
Bewegung in einem Krankenhausflur / © hxdbzxy ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie sehen Sie diese Solidarisierungsaktionen, die gerade überall stattfinden?

Andreas Luttmer-Bensmann (Bundesvorsitzender der Katholischen Arbeitnehmerbewegung): Grundsätzlich finde ich diese Solidarisierungsaktionen toll. Ich glaube, es ist wichtig, Leuten, die jetzt bereit sind rauszugehen, täglich ihre Arbeit zu machen, zu unterstützen und ihnen deutlich signalisiert: "Ihr seid wichtig!"

DOMRADIO.DE: Es gibt die Rückmeldung von Pflegekräften, die sagen, "das Klatschen bringt mir persönlich gar nichts, die Arbeit bleibt und die schlechte Bezahlung auch."

Luttmer-Bensmann: Wir haben eine Aktion von uns mit "Ich will keine Schokolade, sondern ich will lieber mehr Lohn!" überschrieben. Es ist schon deutlich, dass die Solidarität oder diese positiven Rückmeldung wichtig sind. Aber wir müssen grundsätzlich darüber nachdenken, wie wir mit diesen systemrelevanten Berufen eigentlich umgehen. Sind die Bedingungen, unter denen sie arbeiten, vernünftig und ist das Gehalt, was wir denen zahlen, eigentlich angemessen?

DOMRADIO.DE: Eine wichtige Arbeit muss natürlich gerecht entlohnt werden. Diese Forderung gibt es auch schon länger. Bekommt die denn durch die aktuelle Situation Rückenwind?

Luttmer-Bensmann: Das heizt es an und ich hoffe, dass das kein Strohfeuer ist. Die Gefahr besteht zu sagen: Jetzt sind sie wichtig und wir müssen unbedingt auf sie achten. Und wenn ich in den Laden gehe, möchte ich auf jeden Fall, dass jemand an der Kasse sitzt. Und wir wollen auf jeden Fall, dass die Pflege in den Alten- und Pflegeeinrichtungen weiter stattfindet, dass sie in den Krankenhäusern stattfindet, dass Menschen einen Lkw fahren und die Polizei und Feuerwehr unterwegs ist.

Aber die Probleme gibt es ja schon viel länger. Wir haben in vielen Bereichen grenzwertige Arbeitsbedingungen und schlechte Bezahlung. Ich glaube, dass wir das in eine weitere Perspektive retten müssen und nicht nur jetzt, weil es gerade akut ist. Nur Klatschen reicht da nicht.

DOMRADIO.DE: Eine Prämie für Pflegekräfte, die in diesen Zeiten im Einsatz sind, ist ihrer Meinung nach nicht genug?

Luttmer-Bensmann: Ich glaube, eine Prämie ist jetzt gut, um den Menschen deutlich zu machen, dass das, was sie jetzt geleistet haben, super ist. Und das ist anerkennenswert, auch, weil sie sich einem größeren Risiko aussetzen. Aber wenn wir es nicht schaffen, dass auf Dauer auch eine kontinuierlich gute Bezahlung da ist, dass Menschen bereit sind, diese schwere Arbeit auch über einen längeren Zeitraum zu machen, dann wird uns diese Frage wieder auf die Füße fallen.

Wir haben ja beispielsweise in der Pflege das Problem nicht erst seit gestern, nicht erst seit der Corona-Krise. Sondern wir haben grundsätzlich ein Problem im Bereich Pflege, dass wir viel zu wenig Personal haben und dass damit die Belastung für die Einzelnen zu groß wird.

Das gilt für viele andere Arbeitsbereiche ähnlich, dass da die Bezahlung überhaupt nicht stimmt oder die Arbeitsbedingungen überhaupt nicht stimmen. Und wenn wir über Arbeit reden, sollten wir über menschenwürdige Arbeit reden und die Frage stellen: Was heißt denn eigentlich, eine Arbeit so zu machen, dass ich sie auch gut machen und gut davon leben kann und auch alle diejenigen, die davon betroffen sind, sagen können: Das ist eine vernünftige Form, wie wir miteinander umgehen.

Das Interview führte Verena Tröster.

 

Andreas Luttmer-Bensmann, Bundesvorsitzender der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (privat)
Andreas Luttmer-Bensmann, Bundesvorsitzender der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung / ( privat )
Quelle:
DR